Bildungsniveau im Sinkflug: Lehrer sollen keine Rechtschreibfehler mehr zählen

Die Standards an deutschen Schulen sinken. Nun gab Schleswig-Holstein bekannt, auf den Fehlerquotienten zur Bewertung der Rechtschreibkompetenz verzichten zu wollen. Lehrer müssen also die Rechtschreibfehler zur Benotung nicht mehr zählen. Dies ermögliche eine "gerechtere" Bewertung, heißt es.

In fast allen Bundesländern der Bundesrepublik Deutschland sollen Lehrer künftig nicht mehr die Rechtschreibfehler ihrer Schüler zählen, um anhand deren Anzahl die Note zu bestimmen. Als vorletztes Bundesland schafft nun Schleswig-Holstein die entsprechende Regelung ab. Zum Schuljahr 2024/2025 entfällt dort der sogenannte Fehlerquotient zur Bewertung der Rechtschreibkompetenzen – die Anzahl der Rechtschreibfehler soll dann nicht mehr entscheidend sein.

Die schleswig-holsteinische Bildungsministerin Karin Prien (CDU) erklärte am Dienstag:

"Unabhängig davon bleibt die Bewertung der Rechtschreibung und Zeichensetzung weiterhin wichtiger Bestandteil der Note ... Die Vermittlung von Rechtschreib- und Zeichensetzungskompetenz bleibt weiterhin zentral."

Den Fehlerquotienten, nach dem Schüler bislang etwa eine Zwei erhalten, wenn sie einen Rechtschreibfehler auf 149 Wörter begehen, und eine Drei, wenn es einen Fehler auf 99 Wörter gibt, nannte Prien "überkommen":

"Didaktisch ist der Wegfall des überkommenen Fehlerquotienten durchaus sinnvoll, weil die Schülerinnen und Schüler zukünftig eine qualitative Rückmeldung erhalten über Fehlerschwerpunkte und über die Systematik ihrer Fehler."

Lehrkräfte könnten auf diese Weise die Rechtschreibkompetenzen zudem "gerechter" bewerten.

Laut dem Kieler Bildungsministerium ist Schleswig-Holstein derzeit neben Hessen das einzige Bundesland, das überhaupt noch auf Fehlerquotienten zurückgreift. Hintergrund ist eine bundesweite Vereinheitlichung der Prüfungsbedingungen.

Zum Thema sinkende Standards äußerte sich dieser Tage auch der baden-württembergische Ministerpräsident, Winfried Kretschmann. In der Wochenzeitung Die Zeit stellte der ehemalige Lehrer die grundsätzliche Frage, wie wichtig das Beherrschen der Rechtschreibung für Schüler heute noch sei, "wenn das Schreibprogramm alles korrigiert." 

Auch den Fremdsprachenunterricht stellte der frühere Maoist infrage:

"Wenn das Handy Gespräche in fast jede Sprache der Welt in Echtzeit übersetzen kann – brauchen wir dann noch eine zweite Fremdsprache in der Schule als Pflichtfach?"

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