Ärzte der Berliner Charité warnten auf einem Kongress vor multiresistenten Keimen, die sich unter Verwundeten an der ukrainischen Frontline verbreiten. Von März bis Dezember letzten Jahres wurden insgesamt 47 Patienten aus der Ukraine in der Charité behandelt. 14 davon hatten Infektionen mit multiresistenten Erregern. Darunter war allerdings nur ein Soldat, was andeutet, dass die Versorgung verletzter Zivilisten deutlich schlechter ist.
In ihrem Bericht auf dem Europäischen Kongress für klinische Mikrobiologie und Infektionskrankheiten in Kopenhagen sagte die behandelnde Ärztin Maria Virginia dos Santos: "Die Logistik von Behandlungen im Krieg, ausgedehnte Wunden und Infektionen mit dem zusätzlichen Problem polymikrobischer Infektionen, verursacht durch die Kombination von Bakterien, Pilzen und Parasiten mit mehrfach resistenten Erregern, machen es extrem schwierig, diese Wunden zu behandeln."
Bei den 14 betroffenen Patienten ging es meist um Knocheninfektionen, gefolgt von Infektionen um Implantate, Weichteilinfektionen und septische Arthritis. Die vorgefundenen Erreger waren in der Regel Allerweltserreger wie Klebsiella pneumoniae oder Escherichia coli, aber fast drei Viertel davon waren resistent gegen Carbapeneme und neuere Antibiotika, die als Mittel der letzten Rettung gelten.
Zehn der vierzehn Betroffenen sind inzwischen geheilt; zwei haben allerdings neue Infektionen entwickelt.
Studien in anderen Konfliktzonen wie im Irak hatten bereits belegt, dass die Zahl der resistenten Erreger in Kriegsgebieten steigt, weil Antibiotika wegen knapper Ressourcen oft nicht ordnungsgemäß eingesetzt werden.
Die Ukraine allerdings war bereits in anderen Zusammenhängen als Quelle multiresistenter Erreger thematisiert worden. So gibt es dort eine hohe Rate multiresistenter Tuberkulose, und im März warnte das Robert Koch-Institut davor, dass ukrainische Flüchtlinge multiresistente Keime in sich tragen könnten. In 24 Prozent der Fälle untersuchter Infektionen mit multiresistenten Erregern zwischen März und September 2022 war der Ausgangspunkt die Ukraine. "Allerdings deuten die Auswertungen darauf hin, dass Patientinnen und Patienten aus der Ukraine ein erhöhtes Risiko haben, mit den hier berichteten antibiotikaresistenten Erregern besiedelt oder infiziert zu sein, insbesondere nach Kontakt mit medizinischen Einrichtungen bzw. vorausgegangener medizinischer Behandlung in der Ukraine."
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