3G-Regel: Berliner Senat schmeißt Obdachlose aus U-Bahnhöfen

Obdachlose ohne gültigen 3G-Nachweis dürfen ab sofort in der Hauptstadt nicht mehr vor der Kälte in U-Bahnhöfen Zuflucht suchen. Aus Gründen des Infektionsschutzes sei eine Ausnahmeregelung nicht erwünscht.

Seit dem heutigen Mittwoch gelten auch in der Bundeshauptstadt Berlin neue, verschärfte Anti-Corona-Maßnahmen, die vom Berliner Senat am Freitag letzter Woche beschlossen wurden. Ein Punkt der neuen Vorgaben lautet: "ÖPNV: Die 3G-Regel gilt jetzt auch auf Bahnsteigen. Das heißt, sie ist gleichermaßen auf Bahnsteigen, in Bahnen und Bussen zu beachten."

Wenn auch von der Öffentlichkeit mit Behausungen kaum wahrgenommen, so hat diese Formulierung in der jetzt begonnenen kältesten Jahreszeit weitreichenden Folgen für die geschätzt bis zu 10.000 Obdachlosen in Berlin.

Ab sofort muss also 3G auch auf den Bahnsteigen der S-Bahn und in den U-Bahnhöfen eingefordert und mit allen dementsprechenden Konsequenzen umgesetzt werden. Die Umsetzung bedeutet folglich nicht nur die Kontrolle bei allen Fahrgästen, sondern auch bei der stetig wachsenden Zahl von Obdachlosen, die im kalten Winter wenigstens tagsüber oft Zuflucht auf Bahnsteigen und in U-Bahnhöfen suchen konnten.

Auf Anfrage der Berliner Zeitung teilte die zuständige Berliner Sozialverwaltung zu Beginn dieser Woche mit:  "Grundsätzlich ist es so, dass Kontrolleure Personen abweisen müssen, die die 3G-Bedingung nicht erfüllen."

Dies bedeutet folglich: Sind kontrollierte Bürger nicht nachweislich geimpft, genesen oder getestet, so dürfen sie sich auch nicht für einen beliebig langen oder kurzen Zeitraum auf einem Bahnsteig aufhalten, sondern werden unmittelbar auf die Straße gesetzt. In der Antwort der Sozialverwaltung an die Berliner Zeitung wird explizit betont, aufgrund der Verordnung sei es

"nicht möglich, eine Ausnahme für obdachlose Personen zu schaffen".

Den rot-grün-roten Politikern im neuen Senat der Hauptstadt sei vollends bewusst, wie problematisch diese Situation für obdachlose Menschen ist. "Daher unternehmen wir viele Anstrengungen, Obdachlosen eine Impfung und weitere Tests zu ermöglichen", so versichert die Sozialverwaltung in ihrem Schreiben an die Berliner Zeitung.

Anders formuliert: Mitleid und Empathie sind bestenfalls nur solange vorhanden, bis die Tinte auf dem Papier getrocknet ist. Eine Information der Berliner Sozialverwaltung – für die Obdachlosen allerdings ohne jeglichen Wert – lautet, zur Unterstützung obdachloser Menschen in der Pandemie sei das Testangebot speziell für diese Personengruppe bereits erheblich ausgeweitet worden:

"Die Behörde stelle Corona-Tests auch für Tagesangebote zur Verfügung, sodass Obdachlose die Chance erhielten, sich dort niedrigschwellig testen zu lassen. Dies helfe ihnen dabei, die 3G-Bedingungen erfüllen zu können."

Die Sozialverwaltung betonte zudem in dem Schreiben, dass sie grundsätzlich versuche, "eine mögliche Ausgrenzung obdachloser Menschen mit vielen Angeboten aufzufangen". Ziel sei es, damit auch "für diese Personengruppe" mehr Sicherheit und mehr Infektionsschutz gewährleisten zu können.

In Kürze wird das Hofbräuhaus – nahe dem Berliner Alexanderplatz gelegen – zu einem Tagestreff für 200 Obdachlose geöffnet. Damit sei doch "eine gute Alternative, auch mit Testmöglichkeit, für all jene geschaffen, denen sonst nur die Bahnhöfe bleiben", so meint die Berliner Sozialverwaltung in ihrem Antwortschreiben.

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