Studie: Mehr Corona-Fälle bei stärkerem Pollenflug

Das Ende des Winters und der Blühstart der ersten Pflanzen bedeuten für viele Menschen den Beginn neuen Leidens. Mit dem Pollenflug startet die Heuschnupfenzeit. Nun zeigt eine aktuelle Studie, dass es bei stärkerem Pollenflug wohl auch mehr Corona-Fälle gebe.

Der Winter ist noch nicht vorbei, doch längst blühen die ersten Pflanzen – und die Heuschnupfenzeit beginnt. Rund 15 Prozent der Menschen in Deutschland sind nach Schätzungen betroffen.

Nun könne einer Studie zufolge der starke Pollenflug auch das Corona-Risiko erhöhen. Gebe es viele Pollen in der Außenluft, stiegen die Corona-Zahlen, berichtet ein internationales Team unter Leitung von Forschern der Technischen Universität München (TUM) und des Helmholtz Zentrums München im Fachmagazin Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS).

Die Forscher hatten demnach Daten zu "Pollenbelastung und die Infektionsrate von SARS-CoV-2" aus 130 Regionen in 31 Ländern auf fünf Kontinenten analysiert. Sie berücksichtigten auch demografische Faktoren und Umweltbedingungen, darunter Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Bevölkerungsdichte sowie die Ausprägung des Lockdowns.

An Orten ohne Lockdown-Regelungen stieg die Rate der positiven Befunde im Schnitt um vier Prozent, wenn sich die Anzahl der Pollen in der Luft um 100 pro Kubikmeter erhöhte. In manchen deutschen Städten seien im Untersuchungszeitraum zeitweise pro Tag bis zu 500 Pollen auf einen Kubikmeter gekommen – dabei stiegen die Infektionsraten um mehr als 20 Prozent. Die Forscher erklären die Beobachtung wie folgt: Wenn Pollen fliegen, reagiert die Körperabwehr in abgeschwächter Form auf Viren der Atemwege. Der Körper produziere dann unter anderem weniger sogenannte antivirale Interferone.

Die täglichen Infektionsraten korrelierten mit der Pollenzahl in Ländern mit und ohne Lockdown. Galten in den untersuchten Gebieten Lockdown-Regeln, halbierte sich die Zahl der Corona-Fälle im Schnitt bei vergleichbarer Pollenkonzentration in der Luft.

Luftgetragene Pollen könnten einen Teil der "Variabilität bei den Infektionsraten" erklären, aber auch Luftfeuchtigkeit und Lufttemperatur spielten dabei eine Rolle, schreiben die Wissenschaftler.

Jörg Kleine-Tebbe, Allergologe und Pressesprecher der Deutschen Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie (DGAKI), sagte in einer ersten Einschätzung gegenüber der Nachrichtenagentur dpa:

"Die Korrelation zwischen Pollenflug und Infektionen ist offenbar vorhanden, aber gering ausgeprägt."

Es dürfe nun nicht Panik verursacht werden. Das sei kein extremer Befund. Der Münchner Infektiologe Clemens Wendtner erklärte, dass Pollenexposition im Frühjahr zu einer erhöhten Infektanfälligkeit gegenüber bestimmten Viren führen könne, sei in der Fachliteratur beschrieben und prinzipiell bekannt. "Neu ist, dass dieser Effekt nun auch für das neue Coronavirus, also SARS-CoV-2, wissenschaftlich belegt wurde."

Man dürfe sich aufgrund eines vermeintlich schützenden Effektes der UV-Strahlen im Frühjahr nicht zu sehr in Sicherheit wiegen und das Masken- und Abstandsgebot vergessen, sagte der Chefarzt für Infektiologie an der München Klinik Schwabing. Er ergänzte: 

"Vielmehr sollte im Frühjahr, wenn besonders viele Pollen die Luft belasten können, ganz besonders auf das Tragen einer Partikelfiltermaske geachtet werden."

Die Maske filtere nicht nur zuverlässig die Pollen aus der Luft, sondern auch die SARS-CoV-2-Viren, fügte der Münchner Infektiologe hinzu.

Mehr zum Thema - Joggen mit Maske? Deutsche Polizeigewerkschaft kritisiert Hamburger Senat für Corona-Aktionismus

(dpa/rt)