Ein kleines dreiköpfiges Forscherteam des Leibniz-Instituts für Deutsche Sprache (IDS) beschäftigt sich mit der Analyse aller neuen Wörter, die in der Presse, auf sozialen Netzwerken und generell im Internet auftauchen. Das Team beobachtet, wie sich der Gebrauch im Laufe der Zeit verändert. Die am häufigsten verwendeten Wörter werden schließlich in den Wörterbüchern verankert.
Eine solche Analyse des vergangenen Jahres ergab, dass seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie insgesamt 1.200 Neuprägungen entstanden sind, die inzwischen fest zur deutschen Alltagssprache gehören. Eine Liste der Neologismen lag am Dienstag der Zeitung The Guardian vor.
Eine große Gruppe der Wörter umfasst den Bereich der Gefühle der Menschen im Lockdown: ihre Sorgen (Corona-Angst), ihren Überdruss (coronamüde), Stress (overzoomed) und die Ungeduld (Impfneid). Hinzu kommen Ausdrücke, die das Leben mit Beschränkungen und die Sehnsucht nach gesellschaftlichem Kontakt beschreiben (Kuschelkontakt, Abstandsbier). Eine besondere Gruppe bilden jene Begriffe, mit denen die neue Realität in den ersten Wochen der Pandemie assoziiert wurde (Hamsteritis) und die aus menschlicher Kreativität entstanden sind, um sich mit den Mitmenschen zu solidarisieren (Balkonsänger). Auch der Frust der sozial verantwortlichen Menschen über die Corona-Verweigerer fand pandemiebedingt Ausdruck in dem Wortschatz der Bundesbürger (COVIDiot, Maskentrottel).
Dr. Christine Möhrs, die die Liste zusammen mit ihren Kollegen erstellt hat, hob die Wichtigkeit des Projekts hervor, da es die Geschichte des Lebens während der Pandemie erzählt. Zu ihrem persönlichen Favoriten wählte sie dabei das Wort Coronafußgruß – weil es sich eben so schön reime und den menschlichen Einfallsreichtum in Zeiten der Abstandsregeln demonstriere. Der Guardianzitiert Möhrs:
"Wenn neue Dinge in der Welt passieren, suchen wir nach einem Namen. Dinge, die keinen Namen haben, können dazu führen, dass Menschen Angst und Unsicherheit empfinden. Wenn wir aber über Dinge sprechen und sie benennen können, dann können wir miteinander kommunizieren. Gerade in Krisenzeiten ist das wichtig."
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