Markus Söder wirft "Lockdown"-Kritiker Christoph Lütge aus Bayerischem Ethikrat

Das Kabinett unter Ministerpräsident Söder hat den Münchener Wirtschaftsethik-Professor aus dem Bayerischen Ethikrat entlassen. Der Direktor des Instituts für Ethik in der KI an der TU München hatte seit Monaten die "Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie" kritisiert.

Am Donnerstag wurde bekannt, dass der Inhaber des Peter-Löscher-Stiftungslehrstuhls für Wirtschaftsethik an der Technischen Universität München Professor Lütge nicht mehr dem Bayerischen Ethikrat angehört, der unabhängig neben dem Deutschen Ethikrat (früher Nationaler Ethikrat) die Bayerische Staatregierung berät. Das nun 17-köpfige Gremium unter dem Vorsitz der früheren Münchener Regionalbischöfin Susanne Breit-Keßler wurde erst zum 1. Oktober 2020 vom Bayerischen Ministerrat als künftiges Beratungsgremium in allen Ethikfragen für die Staatsregierung ins Leben gerufen. Es soll sich neben den Aufgaben der seit 2000 bestehenden "Kommission der Bayerischen Staatsregierung für ethische Fragen in den Biowissenschaften" (Bioethik-Kommission Bayerns) insbesondere mit den jüngsten Folgen der Coronakrise sowie mit der Dynamik gesellschaftlicher Veränderungen, nicht zuletzt der Digitalisierung befassen. Der einstimmige Beschluss zu Lütges Entlassung aus dem Ethikrat wurde vom Bayerischen Kabinett bereits in der vergangenen Woche am 2. Februar gefasst. Das hatte ein Sprecher der Staatskanzlei dem BR  mitgeteilt. Als Grund für den Rauswurf nennt die Staatskanzlei:

"… wiederholte öffentliche Äußerungen von Herrn Professor Lütge, die mit der verantwortungsvollen Arbeit im Ethikrat nicht in Einklang zu bringen sind und auf Dauer dem Ansehen des Gremiums Schaden zufügen könnten".

Konkret geht es um seine wiederholten kritischen Äußerungen zum "Corona-Lockdown". So äußerte er sich auch bei Twitter am 30. Januar:

Gegenüber dem Bayerischen Rundfunk  bestätigte der laut Münchner Merkur "unliebsame Professor" seine Abberufung aus dem Bayerischen Ethikrat. Aber die Entlassung habe ihn schon "überrascht", denn eigentlich sollte der Ethikrat ja "kritisch und ergebnisoffen" arbeiten. Und das sollte er nicht nur "verschwiegen", sondern auch und gerade "öffentlich" tun. Lütge wiederholte im BR seine Ansichten,

"dass man das Durchschnittsalter der Corona-Toten nicht ignorieren kann, das etwa bei 84 Jahren liege, und die 'Lockdown-Maßnahmen' völlig unverhältnismäßig" seien.

Zu dieser Thematik lässt Lütge auch nach seinem Rauswurf aus dem Beratergremium nicht locker. Zu den Verschärfungen der "Corona-Maßnahmen" am Mittwoch in der Bund-Länder-Konferenz, welche die Wiederherstellung weitreichender Grundrechte nun erst ab einer "Infizierten-Inzidenz" von durchschnittlich 35 – anstatt der bisher monatelang verlautbarten Schwelle von 50 neuen Infektionen pro Woche auf 100.000 Einwohner – vorsehen, twitterte er:

Von all dem unberührt bleibt Professor Lütge bislang jedoch auch weiterhin Direktor des Instituts für Ethik in der Künstlichen Intelligenz an der Technischen Universität München. Auch Facebook als ein Geldgeber dieses Instituts hält sich bisher "bewusst" aus der Debatte heraus, wie die Süddeutsche Zeitung berichtet.

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