Das japanische Gesundheitsministerium hat mitgeteilt, dass Selbstmorde im Oktober mehr Menschenleben als COVID-19 binnen eines Jahres gefordert hatten. Die monatliche Zahl der Suizide in Japan stieg nach Angaben der japanischen National Police Agency im Oktober auf 2.153, während die Gesamtzahl der durch das Coronavirus verursachten Todesfälle 2.087 betrug.
Japan ist eines der wenigen Länder der Welt, das solche Statistiken erstellt und veröffentlicht. Die neuesten nationalen Daten für die USA stammen beispielsweise aus dem Jahr 2018. Laut CNNkönnten die japanischen Daten anderen Ländern Einblicke in die Auswirkungen von Pandemiemaßnahmen auf die psychische Gesundheit geben.
Experten warnen, dass die Pandemie zu einer psychischen Krise führen könne. Massenarbeitslosigkeit, soziale Isolation und Angst betreffen Menschen weltweit. Besonders stark wirkt sich das in Japan auf Frauen aus. Vermutlich hängt es damit zusammen, dass Frauen öfter als Männer eine Teilzeitbeschäftigung in der Hotel-, Lebensmittel- und Einzelhandelsbranche haben. In diesen Bereichen waren die Entlassungen umfangreicher. Außerdem erhielten Frauen eine zusätzliche Belastung durch unbezahlte Hausarbeiten, insbesondere Kinderbetreuung, als Schulen und Kindergärten geschlossen wurden.
Unterdessen betrifft das Selbstmordproblem in Japan auch Kinder. Es ist das einzige Land der G7, in dem es die Haupttodesursache für Menschen im Alter von 15 bis 39 Jahren ist. Während der Pandemie ist diese Altersgruppe zusätzlich häuslicher Gewalt, Stress und Schulversagen ausgesetzt. Daher wenden sich Kinder schon ab fünf Jahren an Rettungshotlines. Laut einer Studie zeigten 75 Prozent der japanischen Kinder im Frühjahr während der Pandemie Anzeichen von Stress.
Darüber hinaus ist es in Japan nicht üblich, um Hilfe zu bitten, Einsamkeit zuzugeben und über Depression zu sprechen. Während der Staat Maßnahmen zur Senkung der Selbstmordrate ergreift, meinen Experten, dass sich die gesamte Gesellschaft ändern muss.
Das Problem betrifft auch japanische Stars. Im Sommer verstarb Hana Kimura, Wrestlerin und TV-Star. Sie wurde von Social-Media-Nutzern mit negativen Nachrichten bombardiert. Aufgrund der Pandemie war sie nicht in der Lage zu arbeiten und verbrachte mehr Zeit damit, Nachrichten in den sozialen Netzwerken zu lesen. Sie konnte den Druck nicht aushalten. Jetzt gründet ihre Mutter eine Anti-Cyber-Mobbing-Stiftung zum Gedenken an ihre Tochter.
Gleichzeitig befürchten Experten, dass Japan einer dritten Welle der Pandemie ausgesetzt sein wird, die zu Quarantäne und weitaus schwerwiegenderen Folgen für die Wirtschaft des Landes und damit zu großen Problemen mit der psychischen Gesundheit der Japaner führen könnte.
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