Forscher entwickeln Cyborg-Heuschrecken, die Sprengstoff erschnüffeln

Wissenschaftlern der Washington University of St. Louis ist es gelungen, Heuschrecken dafür einzusetzen, Explosivstoffe zu erschnüffeln. Dazu setzten sie ihnen ein Elektrodenarray ins Geruchszentrum ihres Gehirns – und fuhren sie mit kleinen Fahrzeugen umher.

Wenn tierische Helfer den Menschen dabei unterstützen, Drogen oder Sprengstoffe aufzuspüren, werden bisher vor allem Hunde dafür eingesetzt. Vereinzelt nutzt man für die Sprengstoffsuche auch Wildschweine oder – wie in Tansania – Riesenhamsterratten. Forscher der Washington University of St. Louis haben nun eine etwas ungewöhnliche Spezies für diese Aufgabe entdeckt: Heuschrecken.

Was auf den ersten Blick recht skurril erscheint, ergibt aus wissenschaftlicher Sicht durchaus Sinn: Heuschrecken haben einen ausgezeichneten Geruchssinn, mit dem sie sogar verschiedene Sprengstoffe unterscheiden könnten. Diese Fähigkeit der recht kleinen "Grashüpfer" kann praktikabler sein, als ansonsten sperrige Apparate zur Sprengstoff-Detektion einzusetzen. Doch diese feine "Nase" der Heuschrecken nutzbar zu machen, stellte die Wissenschaftler vor einige Herausforderungen:

Denn wenn Sicherheitskräfte in Zukunft Heuschrecken für die Suche nach Explosivstoffen einsetzen sollen, müssen sie die Insekten auch auf irgendeine Weise an die Stelle dirigieren, an der diese mit der Suche beginnen sollen. Und da Heuschrecken nicht mit Menschen kommunizieren können, mussten die Forscher eine Möglichkeit finden, in den Gehirnen der Heuschrecken zu lesen, was sie gerade erschnüffeln.

Die durchaus originelle Lösung, die das Team um Debajit Saha fand, wurde nun am 6. August als Vorabversion im Fachjournal Biosensors and Bioelectronics: X vorgestellt. Mit einem minimalen operativen Eingriff setzten sie ein Elektrodenarray in das Gehirn der Heuschrecken ein und funktionierten die Lebewesen so auf eine Art "Bio-Sensor" um. Auf diese Weise gelang den Forschern die Messung an den Neuronen des olfaktorischen Systems, das für den Geruchssinn zuständig ist, wie stark diese gerade feuern.

In ersten Tests setzte das Team die Grashüpfer den Dämpfen verschiedener Sprengstoffe aus – wie beispielsweise Trinitrotoluol (TNT), Dinitrotoluole (DNT), Hexogen und Ammoniumnitrat. Als sie dann die Neuronenaktivität maßen, stellten sie fest, dass die Heuschrecken die verschiedenen Explosivstoffe nicht nur riechen, sondern sogar deutlich unterscheiden konnten. Die Insekten konnten auch DNT und TNT, die sich nur um eine Nitrogruppe unterscheiden, auseinanderhalten – und das alles in einer Zeitpanne von wenigen Zehntelsekunden, während der sie den Dämpfen ausgesetzt waren.

Die Forscher fanden außerdem eine Möglichkeit, wie man diese Heuschrecken-Cyborgs dahin bringt, um den Ort mit der Sprengstoffprobe zu lokalisieren. Dazu fixierten sie die Heuschrecken auf kleinen Roboter-Autos, die sie in einem Glaskasten herumfahren ließen. In diesem Kasten war die Konzentration der Explosivstoff-Dämpfe an verschiedenen Orten unterschiedlich. Das Signal des Elektrodenarrays wurde mit einem Transmitter kabellos übertragen.

Bei der Auswertung der Messungen zeigte sich: Tatsächlich feuerten die Neuronen im Geruchszentrum der umherschnüffelnden Heuschrecken stärker, wenn sie auf Bereiche mit hoher Explosivstoff-Konzentration zufuhren.

Nach Ansicht von Barani Raman, dem Leiter des Experiments, ist die Idee nicht so verrückt, wie sie auf den ersten Blick erscheint:

Unser Ansatz unterscheidet sich nicht großartig davon, wie andere Nutztiere eingesetzt wurden, wie zum Beispiel in der Zeit, als  Bergleute in den Kohleminen noch Kanarienvögel nutzten. Er ist nur ein wenig ausgefeilter.