Im Dezember 2019 sorgte die Autorin Joanne Rowling für Schlagzeilen, als sie ihre Unterstützung für Maya Forstater per Twitter ausdrückte. Die Steuerexpertin Forstater verlor ihren Arbeitsplatz in dem US-amerikanischen Think-Tank "Center for Global Development", nachdem sie mehrfach öffentlich in Zweifel gezogen hatte, dass Menschen ihr biologisches Geschlecht ändern können.
Laut Forstater wollte sie lediglich, "dass die Menschen in der Lage sind, auf normale, offene und demokratische Weise über die politischen Fragen im Zusammenhang mit Geschlecht und Geschlechtsidentität zu sprechen". Sie klagte gegen ihren Arbeitgeber und verlor. Der Richter begründete das Urteil mit den Worten, Forstaters Sprache würde die Würde von transgender Menschen verletzen. Ihre Sprache sei einschüchternd, feindselig, erniedrigend, demütigend und beleidigend.
Der Tweet von Rowling vom 19. Dezember 2019 lautete:
Kleiden Sie sich, wie Sie wollen. Nennen Sie sich, wie Sie wollen. Schlafen Sie mit jedem einwilligenden Erwachsenen, der Sie haben möchte. Leben Sie Ihr bestes Leben in Frieden und Sicherheit. Aber Frauen aus ihrem Job zwingen, weil sie behaupten, dass es ein Geschlecht gibt?
Schon das kam in der LGBTQI*-Gemeinde erwartungsgemäß nicht gut an. Doch offenbar kann die Erfolgsautorin nicht die Finger von dem Thema lassen. Am letzten Sonntag legt Rowling per Twitter gleich dreimal nach.
Erster Tweet:
Wenn das Geschlecht nicht real ist, gibt es auch keine gleichgeschlechtliche Anziehungskraft. Wenn das Geschlecht nicht real ist, wird die gelebte Realität von Frauen weltweit ausgelöscht. Ich kenne und liebe transsexuelle Menschen, aber den Begriff Geschlecht auszulöschen nimmt vielen die Fähigkeit, sinnvoll über ihr Leben zu diskutieren. Es ist kein Hass, diese Wahrheit auszusprechen.
Zweiter Tweet:
Die Vorstellung, Frauen wie ich – die seit Jahrzehnten einfühlsam mit Transsexuellen umgehen und Verwandtschaft empfinden, weil sie auf die gleiche Weise verletzlich sind wie Frauen, d.h. gegenüber männlicher Gewalt – würden Transsexuelle 'hassen', nur weil sie selbst glauben, dass das Geschlecht real ist und reale Konsequenzen hat – das ist Unsinn.
Und ein dritter Tweet:
Ich respektiere das Recht aller transgender Menschen, so zu leben, wie es sich für sie authentisch und angenehm anfühlt. Ich würde mit Ihnen marschieren, wenn Sie aufgrund ihrer Transsexualität diskriminiert würden. Zugleich ist mein Leben dadurch geprägt, weiblich zu sein. Ich glaube nicht, dass es abscheulich ist, das so zu äußern.
Erneut großer Aufschrei bei LGBTQI*-Aktivisten. Das Online-Portal "Queer" titelte denn auch sogleich:
Transfeindlichkeit: J. K. Rowling beleidigt erneut trans Menschen
In einer Serie von Tweets würde die Harry-Potter-Autorin darauf beharren, "dass transgender Frauen keine Frauen seien", so das Portal weiter. Schon in einem vorherigen Tweet hatte sich Rowling über einen Artikel auf Devex, einer Plattform für Entwicklungszusammenarbeit, lustig gemacht. Den Titel des Artikels "People who menstruate" kommentierte sie ironisch, indem sie "Woman", also das englische Wort für Frau, bewusst vermied:
'Menschen, die menstruieren'. Ich bin sicher, es gab früher ein Wort für diese Menschen. Jemand muss mir helfen. Wumben? Wimpund? Woomud?
Es scheint, als ob sich die Bestseller-Autorin langsam aber sicher zum Lieblingsfeind der LGBTQI*-Gemeinde mausert. Selbst "Harry Potter"-Darsteller Daniel Radcliffe sprach sich im Zuge der Kontroverse um Rowling deutlich für die Rechte der transgender Frauen aus. "Transgeschlechtliche Frauen sind Frauen" schrieb der Schauspieler in einem Statement für "The Trevor Project", eine US-Organisation, die sich für LGBTQI*-Kinder und -Jugendliche engagiert. Er selbst lerne, weiterhin ein guter Verbündeter für transgender und nonbinäre Menschen zu sein. Radcliffe entschuldigte sich darüber hinaus bei allen Menschen, deren Erinnerung an die "Harry Potter"-Bücher durch J.K. Rowlings Kommentare getrübt wurde.
Es wäre ein unmögliches Unterfangen, den Disput zwischen Rowling und den Gender-Aktivisten in diesem Artikel komplett analysieren und entscheiden zu wollen, doch es mag durchaus sein, dass sich Rowling manchmal an ihren eigenen Satz aus "Harry Potter und der Stein der Weisen" erinnert fühlt, in dem Albus Dumbledore über Neville Longbottom sagt:
Es verlangt sehr viel Tapferkeit, sich seinen Feinden in den Weg zu stellen, aber wesentlich mehr noch, sich seinen Freunden in den Weg zu stellen.
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