Im Universum wirken nach bisherigem Wissensstand vier fundamentale Kräfte, die alles zusammenhalten: die Schwerkraft, schwache Kernkraft, starke Kernkraft sowie elektromagnetische Kräfte.
Wie sich herausstellt, ist die fundamentale physikalische Konstante, welche die Stärke der elektromagnetischen Wechselwirkung zwischen geladenen Teilchen bestimmt, wohl in Wirklichkeit überraschend inkonstant. Gerade sie ist aber beispielsweise dafür verantwortlich, die Elektronen an die Atomkerne im Inneren eines jeden Atoms zu binden und somit alle Atome vor der Ionisierung in einen Plasmazustand zu bewahren.
Das sagen Forscher der University of New South Wales (UNSW) in Australien, die Bilder und Daten des "Very Large Telescope" (VLT) in Chile verwendet haben, um nun diese Kraft in den ersten Milliarden Jahren des jungen Universums zu messen.
Die Ergebnisse haben das Team veranlasst, sich auch die Frage zu stellen, warum es tatsächlich eine sogenannte "Goldlöckchen"-Zone mit einer idealen Kombination dieser vier fundamentalen Kräfte geben kann, was für die Existenz von Leben überhaupt erforderlich ist.
Wenn man die aktuellen Daten berücksichtigt, scheinen die elektromagnetischen Kräfte mit zunehmender Entfernung in der einen Richtung allmählich stärker zu werden, während sie in der entgegengesetzte Richtung allmählich schwächer werden", so der Astrophysiker John Webb von der UNSW.
Und er fügt noch hinzu, dass in anderen Richtungen des Kosmos diese Sommerfeldsche Feinstrukturkonstante, welche die elektromagnetische Wechselwirkungskraft bestimmt, etwa gleich bleibt, was alles auf eine Art ihrer Abhängigkeit von der Richtung im kosmischen Raum hinweise.
Ihre neuen Messwerte, kombiniert mit Daten aus getrennten Studien, deuten auf Variationen dieser bisherigen "Konstante" hin, was unser derzeitiges und schwer erkämpftes Verständnis vom Universum um uns herum mal wieder auf den Kopf stellen könnte.
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Mit anderen Worten, das Universum könnte durch diese Richtungsabhängigkeit physikalischer Parameter einmal eine Art "Norden" und "Süden" besessen haben, also anisotrope Eigenschaften, die auf dieser Variation der elektromagnetischen Konstante basieren.
"Die neue Studie scheint eine Idee zu stützen, dass es im Universum eine Richtungsabhängigkeit geben könnte, was in der Tat sehr merkwürdig ist", erklärte Webb weiter. Dies impliziere, dass das Universum dann in statistischer Hinsicht nicht in allen Richtungen dasselbe sein könnte.
Die Ergebnisse dieses Teams werden auch durch separate und weitgehend unabhängige Untersuchungen von einem anderen Team in den USA gestützt, das eine ähnliche "Anisotropie" bei Röntgenstrahlung fand.
Es ist im Moment noch zu früh, um über sämtliche Folgerungen dieser Forschungsergebnisse zu spekulieren. Aber sie könnten diejenigen zwingen, die an der Grand Unified Theory arbeiten und damit nach einer Möglichkeit zur Vereinheitlichung der vier bekannten physikalischen Kräfte im Universum suchen, alle bisherigen Ansätze dafür neu zu überdenken. Ein zusätzliches Hindernis für diese Arbeiten war bereits die mögliche Existenz einer weiteren, fünften fundamentalen Kraft, die mit im vergangenen Jahr veröffentlichten Forschungsergebnissen angeblich nahegelegt worden sein soll.
In der Tat basiert unser Standardmodell der Kosmologie auf einem isotropen Universum, in dem alle Raumrichtungen äquivalent sind, also das Universum in allen Richtungen die gleichen physikalischen Eigenschaften besitzt. Auf dieser Grundannahme basiert auch Einsteins Gravitationstheorie, die davon ausgeht, dass die Naturkonstanten und damit die Naturgesetze überall im Weltraum gleichermaßen wirken.
Mit anderen Worten müssen wir eines Tages möglicherweise große Teile unseres heutigen physikalischen Weltbildes und unseres Verständnisses vom Universum um uns herum überdenken und mit völlig neuen Modellerweiterungen aufwarten, falls sich die neuesten Forschungsergebnisse bestätigen lassen.