Das Weiterwinken von Geflüchteten über die Westbalkan-Staaten bis in die Länder der Europäischen Union soll verhindert werden. Die Situation aus dem Jahr 2015 soll sich nicht mehr wiederholen, hieß es stets in den vergangenen Tagen in zahlreichen Metropolen der Europäischen Union (EU). So kündigte Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) bereits vergangenes Wochenende an, als der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan verkündet hatte, dass sein Land keine Migranten mehr aufhalte, die in Richtung EU wollten:
Wenn der Schutz der EU-Außengrenze nicht gelingen sollte, dann wird Österreich seine Grenzen schützen. Eine Situation wie 2015 darf sich keinesfalls wiederholen.
Kurz: Es werde nicht bei den 13.000 Migranten bleiben
Ziel müsse es sein, die Migranten bereits an der EU-Außengrenze zu stoppen, so der Vorsitzende der Österreichischen Volkspartei (ÖVP). Nach der Aussage des türkischen Staatschefs hatten sich Tausende Menschen auf den Weg an die türkisch-griechische Grenze gemacht. Inzwischen sollen rund 13.000 Menschen im Grenzbereich ausharren. Denn, die griechische Polizei und das inzwischen dorthin geschickte Militär verhindern jegliche Grenzübertritte. Athen hat seine Grenze abgeriegelt.
Nun sagte der österreichische Bundeskanzler in einem Interview mit den Zeitungen der Funke-Mediengruppe und ihrer französischen Partnerzeitung Ouest-France:
Wenn diese Menschen, die teilweise auch gewaltbereit sind, am Ende nach Mitteleuropa durchkommen, wird es nicht bei den 13.000 bleiben. Dann werden es bald Hunderttausende und später vielleicht Millionen sein. Wir hätten am Ende dieselben Zustände wie im Jahr 2015.
Jene Migranten hätten keinen Anspruch auf Asyl, so Kurz weiter. Die Menschen, die jetzt an dieser Grenze ankommen, seien ja größtenteils nicht Flüchtlinge, die aus dem syrischen Kriegsgebiet fliehen. "Es sind zum größten Teil Migranten, die schon jahrelang in der Türkei leben. Diese Menschen haben kein Recht auf Asyl in Griechenland, denn sie werden in der Türkei nicht verfolgt." Der 33-Jährige verwies darauf, dass diese Menschen von Erdoğan ausgenutzt und instrumentalisiert würden, um Druck auf die EU zu machen. "Dieses Spiel dürfen wir nicht mitspielen", so der ÖVP-Chef.
Kurz: Balkanstaaten werden die Flüchtlinge am Weiterreisen hindern
In einem anderen Interview mit der österreichischen Kronen-Zeitung verwies Kurz darauf, dass im Falle eines erneuten Ansturms der Migranten Österreichs Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) bereit sei, die Grenzen des Landes mithilfe von Polizei und Militär zu schützen. Der 33-Jährige ergänzte gleichzeitig, dass dieses Vorgehen jedoch erst "die dritte einer dreiteiligen Sicherheitskette" sei. Demnach sagte Kurz zu krone.tv:
Zuerst unterstützen wir Griechenland dabei, die Außengrenzen zu schützen. Falls diese fällt, werden die Balkanstaaten die Flüchtlinge am Weiterreisen hindern.
Eine direkte Bestätigung dieser Aussage kann man in der Freitag-Ausgabe der serbischen Tageszeitung Večernje novosti finden. In einem Bericht heißt es dort, der serbische Präsident Aleksandar Vučić habe demnach das Militär, die Polizei und den Geheimdienst des Landes angewiesen, im Fall eines Migrantenansturms die Grenze zu Nordmazedonien "hermetisch" abzuriegeln. Vučić habe sich demnach vor allem wegen der nationalen Sicherheit präventiv für diesen Schritt entschieden. Er persönlich sei jedoch gegen "xenophobe Politik", weil sein Volk durch die eigenen tragischen Erfahrungen stets allen Menschen, die aus Kriegsgebieten geflüchtet waren, seine Solidarität bekundet hatte.
Vučić: Serbien wird keine "Parkfläche für Migranten"
Der serbische Präsident sei dem Bericht zufolge fest davon überzeugt, dass Serbien – falls nötig – imstande sein werde, sein eigenes Territorium zu schützen und sich in keine "Parkfläche für Migranten" verwandeln werde.
Das Vorgehen von Kurz und Vučić erinnert an Ende Februar 2016, als Sebastian Kurz, damals noch Außenminister der Alpenrepublik, bei einem Treffen mit Regierungsvertretern der Staaten entlang der sogenannten Westbalkan-Route in Wien die Schließung ihrer Grenzen vereinbart hatte. An der Westbalkan-Konferenz nahmen damals neben Serbien auch Slowenien, Kroatien, heutiges Nordmazedonien, Bulgarien, Albanien, Kosovo, Montenegro und Bosnien-Herzegowina teil. In der sogenannten Wien-Deklaration wurde damals vereinbart, den Zustrom an Migranten, die aus der Türkei und weiter über Griechenland bis in die EU-Staaten kamen, massiv einzudämmen.
Auch der ungarische Regierungschef Viktor Orbán sprach sich vor einigen Tagen für eine engere Zusammenarbeit mit den Nicht-EU-Staaten Nordmazedonien und Serbien beim Grenzschutz aus. Man müsse diejenigen Migranten, die Griechenland bereits hinter sich gelassen hätten, dort aufhalten. Sein Land werde in dieser Sache aktiv sein.
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