Bereits im Vorjahr hagelte es Kritik an der traditionellen Parade, nachdem auf Umzugswagen judenfeindlichen Klischees abgebildet waren, wie etwa auf Geldsäcken sitzende Männer mit Schläfenlocken und Hakennasen. Europaabgeordnete hatten noch vor Beginn des Karnevals an die belgische Stadt appelliert, diesmal jede Art von Hassbotschaft zu unterbinden. Auch Israels Außenminister Israel Katz hatte Belgien auf Twitter aufgefordert, die Festlichkeiten zu verbieten: "Belgien als westliche Demokratie sollte sich dafür schämen, eine solch giftige antisemitische Darstellung zu erlauben. Ich fordere die Behörden dazu auf, diese hasserfüllte Parade in Aalst zu verurteilen und zu verbieten."
Aalsts Bürgermeister Christoph D'Haese sagte gegenüber der belgischen Zeitung Het Laatste Nieuws, Karneval sei "ein spezieller Kontext" und Humor sei "eine wichtige Äußerung in einer freien Gesellschaft". Sein Sprecher, Peter Van den Bossche, sagte gegenüber BBC, die Teilnehmer des Umzugs wollen niemanden verletzen, es sei "unser Humor, nur Spaß".
Bei dem diesjährigen Umzug wurden auch Menschen in SS-Uniformen gesichtet. Die Nazis deportierten im Zweiten Weltkrieg etwa 25.000 Juden aus dem besetzten Belgien in das Vernichtungslager Auschwitz, wo die meisten ermordet wurden. Ein Korrespondent stellte ein Video auf Twitter, das Verkleidete in SS-Uniformen zeigt.
Der Aalster Karneval hat im Jahr 2019 seinen Status als Weltkulturerbe eingebüßt. Die Unesco begründete dies mit wiederkehrenden rassistischen und judenfeindlichen Darstellungen, die mit ihren Grundwerten unvereinbar seien.
Die Menschenrechtskommissarin des Europarats, Dunja Mijatović, hat die antijüdischen Darstellungen im Karneval im belgischen Aalst verurteilt. Tradition und Satire dürfe nicht entmenschlichen, schrieb Mijatovic am Dienstag auf Twitter: "Rassistische und antisemitische Darstellungen und andere hasserfüllte Darstellungsweisen sollten in #AalstCarnival keinen Platz haben."
Auch der deutsche Botschafter in Belgien meldete sich am Montag via Twitter zu Wort: "Karneval ist auf der ganzen Welt ein verbindendes Fest", erklärte Botschafter Martin Kotthaus. Auch "der Spott über Obrigkeiten und Institutionen" gehöre dazu. "Die Grenzen müssen aber da sein, wo die Lehren aus der Geschichte ignoriert werden", schrieb der Diplomat.
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