Der Völkerbundpalast oder Palais des Nations ist das Wahrzeichen der Stadt Genf. Hier war der Hauptsitz des Völkerbundes von 1933 bis zur Auflösung im Jahr 1946. Er dient seit 1966 als europäischer Hauptsitz der Vereinten Nationen (UN). In dem riesigen Gebäudekomplex finden jährlich rund 10.000 Sitzungen und mehrere hundert internationale Konferenzen statt. Erst 2015 stimmte die UN-Generalversammlung für eine umfassende Sanierung des Sitzes in Genf, die mit 836,5 Millionen Schweizer Franken (ca. 769,5 Millionen Euro) veranschlagt wurde. Die Regierung in Bern gab den Vereinten Nationen dafür zusammen mit der Stadt Genf und dem Kanton Genf ein zinsloses Darlehen von 400 Millionen Schweizer Franken (ca. 368 Millionen Euro).
Der laufende Betrieb muss allerdings durch das Jahresbudget der gesamten UN-Organisation (UNO) gedeckt werden, welches für das Jahr 2019 insgesamt 2,85 Milliarden US-Dollar (ca. 2,56 Milliarden Euro) betrug. Allein der Unterhalt des Völkerbundpalastes schlägt mit 14 Millionen US-Dollar (ca. 12,6 Millionen Euro) zu Buche. Weil aber 51 Mitgliedsstaaten – darunter die USA – ihren Beitragszahlungen nicht oder nicht vollständig nachkommen, klafft eine Lücke von 768 Millionen US-Dollar (690,2 Millionen Euro) im Budget.
Was das für Auswirkungen hat, erfuhren die Teilnehmer einer Abrüstungstagung in Genf im vergangenen Monat. Aufgrund von Sparmaßnahmen wurden neue Regelungen herausgegeben, die die Sitzungsdauer verkürzen. Da die Debatten zu diesem wichtigen Thema aber länger als vorgesehen dauerten, ging plötzlich ein Alarm an, um die Überschreitung der zulässigen Sitzungsdauer zu signalisieren. Geräte wie Bildschirme und Mikrofone wurden auch sofort automatisch ausgeschaltet, so dass die Teilnehmer ihre Reden mit lauter Stimme fortsetzen mussten. Gegenüber Reuters wurde die Situation als "chaotisch, konfus und laut" beschrieben.
Der Vorsitzende dieser Tagung, der pakistanische Botschafter Chalil Haschmi, befürchtete sogar, dass auch das Licht im Raum noch ausgeschaltet wird und sie alle im Dunkeln sitzen bleiben. Auch in den Gängen des neoklassizistischen Palais de Nations wird üblicherweise die Beleuchtung gedimmt, um Stromkosten zu sparen. Sogar Lifte sollen ab einer bestimmten Uhrzeit nicht mehr in Betrieb sein und Heizungen heruntergefahren werden, was einige Botschafter dazu veranlasst hat, eigene Heizgeräte mitzubringen.
Für UN-Generalsekretär António Guterres sind solche Maßnahmen "extrem alarmierend", weil sie das Resultat eines negativen Trends in der Einstellung einiger Staaten gegenüber den Vereinten Nationen widerspiegeln. Es ist längst kein Geheimnis, dass die USA – oder auch der weitere große Beitragsschuldner Brasilien – die Organisation als eher störenden Faktor in der Ausrichtung ihrer eigenen, nationalen Außenpolitik betrachten. Überhaupt hat die feste Überzeugung der multilateralen Diplomatie als Richtschnur im zwischenstaatlichen Umgang nachgelassen, was Länder wie Deutschland und Frankreich dazu gebracht hat, eine "Allianz für Multilateralismus" ins Leben zu rufen.
Es gibt aber durchaus auch berechtigte Kritik an dem ausufernden Verwaltungsapparat der UNO, der sehr viel Geld kostet. So meinte etwa Marc Limon, ehemaliger Diplomat im Menschenrechtsrat, dass es eine "große Verschwendung" bei der UNO gebe.
Anstatt sich auf das UN-Mandat zu fokussieren, verbraucht die UNO viel Geld für hohe Gehälter in manchen Fällen.
Das Thema Gehälter, die oft steuerfrei ausbezahlt werden, sorgte auch in der Vergangenheit immer wieder für kontroverse Diskussionen. Doch statt die Verwaltung etwas schlanker zu gestalten und so die ausufernden Kosten in den Griff zu bekommen, möchte das Generalsekretariat die Einsparungen lieber in anderen Bereichen erzielen.
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