Der frühere SPD-Vorsitzende und Bundesaußenminister Sigmar Gabriel erklärte am Dienstagnachmittag auf Twitter, dass der australische Whistleblower Julian Assange in seiner Haft im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh in London gefoltert werde. Zu dieser Auffassung sei er nach einem Gespräch mit dem UN-Sonderberichterstatter über Folter, Nils Melzer, gelangt. Gabriel schrieb:
Nach langem Telefonat über Julian Assange mit Professor Melzer (UN Sonderberichterstatter über Folter). Julian Assange ist gefoltert worden. Ich finde, in Europa muss gelten: Wer gefoltert wurde, braucht Hilfe und muss sich auf Rechtsstaatlichkeit verlassen können. Beides ist bei Julian Assange nicht gewährleistet.
Gabriel, in früheren Jahren SPD-Vorsitzender, Außenminister und Vizekanzler, war bis November 2019 Mitglied des deutschen Bundestags. Seitdem ist er als Berater tätig. Nebenbei ist der SPD-Mann Vorsitzender der Atlantik-Brücke.
Da der frühere Außenminister aus der aktiven Politik ausgeschieden ist, wird seine Stellungnahme erst einmal folgenlos bleiben. Das Auswärtige Amt unter Gabriels Nachfolger und Parteifreund Heiko Maas machte sich bislang mit seinem Schweigen zu dem Thema zum Erfüllungsgehilfen der USA, an die der gesundheitlich angeschlagene Whistleblower ausgeliefert werden soll. Vor einigen Tagen hatte das Amt sogar behauptet, es gebe keine Berichte Melzers zur Lage Assanges, woraufhin dieser öffentlich und scharf widersprach.
Zahlreiche Kommentatoren wiesen unter Gabriels Tweet darauf hin, dass dieser lange genug Zeit gehabt habe, etwas für Assange zu unternehmen. Ebenso wurde betont, dass er seine Partei, die Teil der Regierung sei, dazu bewegen solle, diese Missstände endlich zu bekämpfen. Ein Nutzer schrieb:
Es ist gut, dass jemand aus der SPD zu dieser Erkenntnis kommt. Noch besser wäre es, wenn daraus Taten folgen würden.
Unterdessen haben mehr als 100 Ärzte aus aller Welt die australische Regierung aufgefordert, sich für die Rückkehr Assanges nach Australien einzusetzen, damit er dort die dringende notwendige medizinische Behandlung erhalten könne. In dem offenen Brief an die australische Außenministerin Marise Payne heißt es:
Sollte Herr Assange in einem britischen Gefängnis sterben, werden die Menschen wissen wollen, was Sie, Frau Ministerin, getan haben, um seinen Tod zu verhindern.
Die Ärzte zeigen sich besorgt, dass die Verweigerung einer angemessenen medizinischen Versorgung Assanges dessen Leben gefährde. Noch ernster sei es, dass dessen eigene Regierung sich weigere einzugreifen.
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