Macron bezeichnet NATO als "hirntot" – Merkel distanziert sich

Die europäischen Staaten können sich nicht mehr auf die USA verlassen, was die Inschutznahme der NATO-Verbündeten betrifft, warnte der französische Präsident Emmanuel Macron. Er hinterfragte die heutige Rolle des Militärbündnisses, indem er die NATO "hirntot" nannte.

Als Beispiel führte der Staatschef die türkische Militäroffensive in Nordsyrien an. Ihm zufolge würden die USA ihren NATO-Partnern "den Rücken zukehren", indem sie ihre Truppen ohne Abstimmung aus der Region zurückgezogen haben, in der EU-Interessen "auf dem Spiel stehen".

"Was wir derzeit erleben, ist der Gehirntod der NATO", sagte Macron gegenüber dem britischen Wirtschaftsmagazin The Economist und führte ferner aus, dass es bei strategischen Entscheidungen keine Koordinierung zwischen den NATO-Ländern und den USA gebe.

Der französische Präsident warnte Europa, "am Rande eines Abgrunds" zu stehen und Gefahr zu laufen, nicht mehr selbst über sein Schicksal bestimmen zu können. Er rief die Union nachdrücklich auf, "aufzuwachen" und sich selbst mehr um seine eigene Verteidigung zu kümmern.

Darüber hinaus zweifelte er unter den aktuellen Umständen die Gültigkeit des Artikels 5 des Nordatlantikpaktes an, laut dem ein Angriff auf ein NATO-Mitglied als Angriff auf alle betrachtet wird.

Merkel geht auf Distanz zu Macron 

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat Macrons Vorwurf mit deutlichen Worten zurückgewiesen. Sie sagte am Donnerstag in Berlin am Rande eines Besuchs von NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg: "Diese Sichtweise entspricht nicht meiner."

Macron habe "drastische Worte" gewählt. "Ein solcher Rundumschlag ist nicht nötig", auch wenn sich die NATO-Partner zusammenraufen müssten. Europa müsse sein Schicksal etwas mehr in die eigenen Hände nehmen, aber das transatlantische Bündnis sei unabdingbar.

Stoltenberg sagte dazu, die NATO sei stark. Sie habe ihre kollektive Sicherheit vorangetrieben. Aber jeder Versuch, Europa von Amerika zu entfernen, gefährde auch die EU. Man müsse zusammenarbeiten und die NATO weiter stärken.

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