Seit fast zwei Jahren hat die nordwestbosnische Stadt Bihać permanent damit zu kämpfen, den Zustrom an illegalen Migranten zu bewältigen. Rund 6.000 von ihnen sollen sich nach Angaben des Bürgermeisters Šuhret Fazlić derzeit in der Stadt und umliegenden Siedlungen aufhalten. Bihać mit seinen etwa 50.000 Einwohnern liegt im Kanton Una-Sana in unmittelbarer Nähe zur kroatischen Grenze und damit zur Europäischen Union. Die Geflüchteten aus Syrien, Pakistan, Afghanistan oder dem Irak, die ohne Papiere unterwegs sind, versuchen dort, über die "grüne Grenze" in die EU zu gelangen. In den letzten Monaten ist Bihać zu einem Hotspot geworden.
Migranten kommen mithilfe von Schleppern aus Serbien oder Montenegro
Die kroatische Grenzpolizei jedoch geht vehement gegen irreguläre Übertritte vor. Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International werfen den kroatischen Beamten Misshandlung und mit Gewalt durchgeführte illegale Zurückdrängung von Migranten vor, sogenannte Push-Backs. Zahlreiche Videos und Fotos von Menschen mit Blutergüssen von Schlägen und Tritten, aber auch mit Knochenbrüchen werden als Indizien vorgelegt. Zagreb wiederum bestreitet die Vorwürfe.
Die kroatische Präsidentin Kolinda Grabar-Kitarović sagte jüngst in einem Interview mit dem Schweizer Fernsehsender SRF, die Polizei müsse gegenüber illegalen Migranten manchmal "ein wenig Gewalt" anwenden. Die beanstandeten Verletzungen stammten jedoch vom unwegsamen Terrain, das die Migranten durchqueren müssten, etwa von Stürzen auf den steinigen Boden oder dornigem Gebüsch.
Nach Bosnien-Herzegowina kommen die Migranten mithilfe von Schleppern meist aus Serbien oder Montenegro. Bis in den Nordwesten des Landes verläuft ihre Reise einigermaßen zügig, doch dann stockt sie. Bihać sowie umliegende Siedlungen wurden so zum Flaschenhals der sogenannten Balkanroute. Im Sommer waren die beiden regulären Lager der internationalen Hilfsorganisationen in Bihać überfüllt. Der Zustrom riss jedoch nicht ab, täglich kommen laut lokalen Behörden rund 150 neue Geflüchtete.
Die Stadtverwaltung musste handeln und errichtete Mitte Juni mit eigenen Mitteln auf einer ehemaligen Mülldeponie das Lager Vučjak, etwa zehn Kilometer von Bihać entfernt und unweit eines Minenfeldes aus dem Bürgerkrieg Anfang der 90er-Jahre. Mehrere Hundert männliche Migranten wurden aus der Stadt dorthin gebracht. Die Behörden beklagten stets, von der Zentralregierung in Sarajevo sowie von internationalen Behörden im Stich gelassen worden zu sein. Die Internationale Organisation für Migration (IOM) sowie die UNO lehnten das Lager Vučjak von Beginn an als ungeeignet ab. Freiwillige, die den Geflüchteten in dem Camp Hilfe leisteten, beklagten menschenunwürdige Bedingungen.
Bürgermeister droht: Stadt finanziert kein Wasser und kein Essen mehr für Flüchtlinge im Lager Vučjak
Die Stadt verlegte jüngst jedoch weitere neu angekommene Migranten aus der Stadt dorthin. Derzeit sollen dort etwa 2.000 Menschen untergebracht sein. Nun könnte es zu einer Eskalation der Krise kommen.
Ab Montag gibt es kein Wasser und auch kein Essen für die Flüchtlinge. Wir lassen die Lage eskalieren, um Sarajevo endlich zum Handeln zu zwingen", sagte Bürgermeister Fazlić vergangene Woche in einer Pressekonferenz in Sarajevo.
Die Stadt habe das Camp bereits mit 100.000 bosnischen Konvertiblen Mark (50.000 Euro) finanziert. Für den Fall, dass die Regierung weiterhin nicht reagieren sollte und sich nicht um die Lage kümmert, drohte der Bürgermeister mit täglichen Demonstrationen vor dem bosnischen Parlament.
Wir werden das Lager nicht mehr finanzieren", so Fazlić.
90 Prozent der Flüchtlinge befänden sich in seiner Stadt und Umgebung, im Rest des Landes gebe es keine Flüchtlingskrise.