Die Unionsfraktion im Bundestag hat Ungarn scharf für seine Haltung in der Frage des türkischen Einmarschs in Nordsyrien kritisiert. In der ZDF-Sendung Berlin Direkt erklärte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Johann Wadephul von der CDU:
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Ungarn muss lernen, im Team zu spielen. Ungarn muss sich entscheiden: Will es ein volles Mitglied der EU sein und nicht nur Leistungen, finanzielle Leistungen der EU, entgegennehmen, sondern auch einen Beitrag leisten, dass die EU stark ist? Das haben wir jetzt eine ganze Zeit lang erlebt und deswegen werden wir jetzt darauf drängen, dass Ungarn sich jetzt klar positioniert und im Team spielt – oder sich entscheiden muss, die EU auch mal zu verlassen.
Zuvor hatte der Beitrag eine Stellungnahme der ungarischen Botschaft zitiert, in der türkische Pläne zur Umsiedlung syrischer Flüchtlinge aus der Türkei nach Nordsyrien begrüßt werden:
Die Türkei sollte die Migranten nach Syrien umsiedeln und nicht für vier Millionen Migranten die Türen in Richtung Europa öffnen.
Die Grünen-Abgeordnete und Vizepräsidentin des Deutschen Bundetags Claudia Roth kritisierte im selben Beitrag die Haltung der EU und nannte die Handlungen der Türkei völkerrechtswidrig:
Es ist eine Katastrophe, dass die Europäische Union in dieser Frage faktisch handlungsunfähig ist. Sie macht windelweiche Erklärungen, aber sie hat nicht eine gemeinsame Position eingenommen gegen eine völkerrechtswidrige Invasion, gegen den Versuch einer ethnischen Vertreibung von zwei Millionen Menschen.
Ähnlich äußerte sich in der Sendung der deutsche Außenminister Heiko Maas:
Wir glauben nicht, dass ein Angriff auf kurdische Einheiten oder Milizen völkerrechtlich legitimiert ist oder auch legitimierbar ist. Wenn es keine Grundlage im Völkerrecht gibt für eine solche Invasion, dann ist sie auch nicht im Einklang mit dem Völkerrecht.
An der ebenfalls eindeutig völkerrechtswidrigen Präsenz westlicher Truppen in Syrien fanden weder die in der Sendung befragten Politiker noch die Journalisten etwas auszusetzen. Ganz im Gegenteil, der Moderator Theo Koll nannte den von US-Präsident Donald Trump befohlen Abzug der US-Truppen einen "Verrat an den Kurden":
Trumps Verrat an den Kurden stößt eine ganze Region in die Krise.
Die Rolle der vom Westen und dessen arabischen Verbündeten verfolgten Politik des "Regime Change" beim Entstehen der Krise im Nahen Osten wird verschwiegen. Dagegen beschreibt Koll, der immerhin Leiter des ZDF Hauptstadtstudios ist, die Gegenwart des Syrienkonfliktes mit diesen Worten:
Gewaltbereite Autokraten wie Putin oder Erdogan füllen mit Freude die Hauptrollen; nur Europa steht beschämt in der Gegend rum.
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