Die Vereinigten Staaten sehen in der 5G-Technologie von Huawei eine Bedrohung der nationalen Sicherheit und versuchen ihre Verbündeten und den Rest der Welt davon abzubringen, beim Aufbau ihrer Netzinfrastruktur für den neuen Mobilfunkstandard mit dem chinesischen Technologieunternehmen zusammenzuarbeiten.
Während die USA heimische Unternehmen daran hindern, Geschäfte mit dem weltgrößten Anbieter von Telekommunikationsgeräten zu tätigen, wollen sie auch andere Länder davon überzeugen, dass Huawei-Geräte von Peking zur Spionage verwendet werden könnten. Eine Behauptung, die das Unternehmen und die chinesische Regierung bestreiten.
Doch nicht jeder ist überzeugt, dass Huawei ein Risiko darstellt. Hier ist eine Liste der europäischen Länder, die bislang nicht bereit sind, ihre technologische Entwicklung den Interessen der US-Politik zu opfern.
Deutschland
Anfang September gab die Deutsche Telekom bekannt, dass ihr 5G-Mobilfunknetz in fünf deutschen Städten in Betrieb genommen wurde. Berichten zufolge haben sowohl die Telekom als auch andere Netzbetreiber wie Vodafon und Telefónica einige der wichtigsten Geräte wie Antennen und Router von Huawei bezogen.
Die führende europäische Wirtschaftsmacht widersetzte sich dem Druck der USA, Huawei von der 5G-Entwicklung auszuschließen. Seit dem Beginn der Versteigerungen für 5G-Netzfrequenzen bestand Deutschland darauf, keinen Ausrüstungslieferanten vom Netzausbau auszuschließen.
Im März sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel mit einer offensichtlichen Anspielung auf die Situation um Huawei, dass sie ein Unternehmen nicht verbieten werde,
nur weil es aus einem bestimmten Land kommt.
Schweiz
Trotz einiger lokaler Proteste gegen den Einsatz von 5G wegen der Befürchtung, dass die Technologie ein Gesundheitsrisiko darstellt, bauen lokale Telekommunikationsbetreiber das Netzwerk im Land bereits aus.
Im März startete die Firma Sunrise das erste superschnelle Netzwerk, das 150 Städte und Dörfer umfasst. Das Unternehmen entschied sich für Huawei als Hauptausrüster. Der chinesische Technologieriese lieferte eine End-to-End-Technologie, die Funkzugangsnetze, Transportnetze und Kernnetze umfasste.
Frankreich
Der französische Gesetzgeber ist zurückhaltend beim Ausbau von 5G-Netzen und diskutiert einen Gesetzentwurf, der darauf abzielt, die Sicherheitsregeln dafür zu verschärfen. Der Gesetzentwurf richtet sich nicht direkt gegen Huawei, sodass der chinesische Technologieriese weiterhin die Chance hat, als Vertragspartner zum Zuge zu kommen, wenn der geplante Aufbau der Netzinfrastruktur im Jahr 2020 beginnt.
Wir wollen eine sorgfältige Kontrolle dieses 5G-Einsatzes durchführen, (...) ohne einen Betreiber in Frankreich als unwillkommen zu bezeichnen", sagte Finanzminister Bruno Le Maire im Mai.
Großbritannien
Großbritannien scheint Washingtons Argumentation gegenüber aufgeschlossener zu sein. Die Regierung ringt seit Monaten darum, ob sie Huawei für die Lieferung von 5G-Technologie zulassen soll. Im September versprach Verteidigungsminister Ben Wallace, dass eine endgültige Entscheidung bald getroffen wird.
Da bisher kein pauschales Verbot erlassen wurde, arbeiten die lokalen Telekommunikationsunternehmen rege mit dem chinesischen Gerätehersteller zusammen – einschließlich der Entwicklung von 5G-Netzen.
Der britische Anbieter Three UK, eine Tochtergesellschaft von CK Hutchison Holdings, nutzt Huawei in seinem Funkzugangsnetz, da er dessen Technologie als die fortschrittlichste für den 5G-Einsatz betrachtet. Im Juni sagte der Direktor für Netzwerkstrategie, Phil Sheppard, dass die Ausrüstung von Huawei für den Start des ultraschnellen Netzwerks im Laufe dieses Jahres verwendet werden könnte.
In der Zwischenzeit warnte Vodafone UK davor, dass ein Verbot von Huawei-Geräten dramatische Folgen haben würde, da selbst der Austausch einer bestehenden 4G-Station Millionen kosten kann und so der Einsatz von 5G weiter verzögert würde.
Spanien
Im Juni führte die spanische Niederlassung von Vodafone die ersten kommerziellen 5G-Mobilfunkdienste im Land mit Huawei-Geräten ein. Das ultraschnelle Mobilfunknetz umfasste 15 große spanische Städte, darunter Madrid, Barcelona, Valencia und Sevilla.
Ungarn
Das mitteleuropäische Land hat bisher noch keine 5G-Mobilfunknetze in Betrieb genommen, plant aber, den neuesten Netzstandard bis Ende 2019 einzuführen. Anfang dieses Jahres wies Ungarn die US-Vorwürfe gegen Huawei zurück und erklärte, es gebe keinen Beweis dafür, dass das Unternehmen eine Bedrohung für Staaten der Europäischen Union oder der NATO darstelle.
Wir haben eine eher pragmatische Haltung eingenommen, genau wie Deutschland. Es ist nicht bewiesen, dass die Huawei-Technologie ein Risiko für Ungarn darstellen würde, da wir keine [Daten] gesehen haben, die dies unterstützen", sagte Minister László Palkovics.
Norwegen
Norwegen ist das vorerst letzte Land in der Reihe derer, die ankündigten, dass Huawei trotz früherer Überlegungen nicht vom Aufbau des 5G-Telekommunikationsnetzes des Landes ausgeschlossen wird. Der Sinneswandel erfolgte Ende September, als der Minister für Digitalisierung Nikolai Astrup sagte, dass es
den Unternehmen selbst überlassen ist, Lieferanten auszuwählen, da Oslo keine Verbote gegen Lieferanten hat.
Russland
Moskau ist bereits mit mehreren Sanktionsrunden seitens der USA und ihrer Verbündeten konfrontiert und zeigt sich wenig anfällig dafür, der Linie der USA hinsichtlich Huawei zu folgen. Die Zusammenarbeit mit China, dem größten Handelspartner, floriert. Russische Unternehmen verhandeln ambitioniert mit Huawei über die Entwicklung des 5G-Netzes.
Ende August half der chinesische Technologieriese dem russischen Mobilfunkbetreiber MTS, ein 5G-Pilotprojekt in Moskau zu starten. Gleichzeitig wurde das superschnelle Netzwerk in Kronstadt, einer Stadt unweit von Sankt Petersburg, gestartet, die damit als erste Stadt Russlands über eine nahezu vollständige 5G-Abdeckung verfügt.
Huawei ist weltweit führend in der 5G-Technologie. Eigenen Angaben zufolge, hat das Unternehmen mehr als 50 kommerzielle Verträge zum Aufbau von 5G-Netzen geschlossen, davon mehr als die Hälfte in Europa.
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