Von der Leyen-Nominierung in Brüssel: Kritik und Widerstand von deutschen Parteien

Sozialdemokraten und Grüne im EU-Parlament kritisieren die nunmehr feststehende Nominierung von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen als Präsidentin der EU-Kommission scharf. Die Visegrád-Staaten dürften sich als Gewinner sehen.

Zu dem Vorschlag von EU-Ratschef Donald Tusk beim Sondergipfel in Brüssel erklärte der SPD-Politiker Udo Bullmann der Deutschen Presse-Agentur am Dienstag:

Der Deal ist aus Sicht der Sozialdemokraten im Europäischen Parlament nicht akzeptabel.

Der EU-Parlamentarier Sven Giegold (Grüne) erklärte auf Twitter:

Ein bitterer Personalvorschlag! #VonderLeyen ist keine Spitzenkandidatin und zu Hause läuft noch ein Untersuchungsausschuss wegen nicht ordnungsgemäßer Vergabe von Beraterverträgen. Europa verdient etwas Besseres!

Tusk hatte das Paket in stundenlangen Vorgesprächen mit etlichen Gipfelteilnehmern getestet, darunter Merkel, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und dem spanischen Regierungschef Pedro Sánchez. Auch die vier östlichen EU-Staaten Ungarn, Polen, Tschechien und die Slowakei unterstützen von der Leyen, wie ein ungarischer Regierungssprecher auf Twitter schrieb. Sie reklamierten sogar für sich, die Idee der Kandidatur von der Leyens aufgebracht und den Sozialdemokraten Frans Tilmmerman verhindert zu haben.

Der Sprecher des ungarischen Präsidenten Viktor Orbán schrieb, das neue Personalpaket um von der Leyen gewinne "Akzeptanz bei einer wachsenden Zahl von Mitgliedsstaaten". Darunter ist offenbar auch Italien: Ein EU-Diplomat sagte, aus Sicht von Regierungschef Giuseppe Conte spreche für von der Leyen unter anderem ihre Erfahrung als frühere Familienministerin – offenbar mit Blick auf die in Italien hochgehaltenen Familienwerte.

Wie die Welt unter Berufung auf "informierte Kreise in Brüssel" schreibt, war es allerdings Frankreichs Präsident Macron, der Bundeskanzlerin Merkel (CDU) von der Leyen vorgeschlagen hatte.

Die Nominierung sei ohne Zustimmung der deutschen Sozialdemokraten erfolgt, wie die SüddeutscheZeitung schreibt – weil die Sozialdemokraten am Prinzip der Spitzenkandidaten festhalten wollen.

Reaktionen aus Deutschland waren zunächst durchgehend negativ: Der frühere SPD-Vorsitzende und EU-Parlamentspräsident Martin Schulz sagte dem Spiegel: "Ursula von der Leyen ist die schwächste Ministerin der Bundesregierung. Eine derartige Leistung reicht offenbar, um Kommissionschefin zu werden." Wenn er sich anschaue, "mit welchen Argumenten gegen die Qualifikation von (Frans) Timmermans und Manfred Weber für dieses Amt geschossen wurde, kann man sich im Fall von der Leyen nur an den Kopf fassen", so Schulz.

Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, Marco Buschmann, sagte der dpa: "Man kann den Bürgern doch nicht bestimmte Politiker präsentieren und nach der Wahl jemand völlig anderen aus dem Hut zaubern." Das Amt des Kommissionspräsidenten sei "kein Versorgungsposten für Minister in nationaler Defensive".

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