Der neu gewählte ukrainische Präsident Wladimir Selenskij machte am 5. Juni seine allererste Auslandsreise – sogleich nach Brüssel, also in die "EU-Hauptstadt" und zum NATO-Hauptquartier. Dort traf er sich mit dem EU-Parlamentspräsidenten Jean-Claude Juncker, dem EU-Ratsvorsitzenden Donald Tusk und dem NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg. In seinen Auftritten vor der Presse bekräftigte Selenskij die Nichtverhandelbarkeit einer künftigen Mitgliedschaft der Ukraine in der EU und der NATO – also des "transatlantischen Kurses" der Ukraine.
Während seines Treffens mit Donald Tusk sagte er unter anderem:
Die Ukraine in der EU ist der Tod des russländischen imperialen Projekts. Mehr noch, das ist der wuchtige Schlag gegen den russländischen Autoritarismus, der Weg zum demokratischen Wandel in Russland und im ganzen postsowjetischen Raum.
Dieses Zitat des Präsidenten hat seine Administration dann auf Twitter verbreitet. Kurz darauf meldete sich der Presse-Sekretär des Ex-Präsidenten Petro Poroschenko, Stanislaw Tzegolko, und erkläre, dass der amtierende Staatschef aus einer Rede seines Vorgängers einen ganzen Absatz "geklaut" habe. Das schrieb er auch in seinem Facebook-Account und fügte als Beweis den entsprechenden Ausschnitt aus einer Poroschenko-Rede bei, die tatsächlich Wort für Wort mit der Äußerung von Selenskij übereinstimmt.
Das ist ein banales Plagiat. Der neue Präsident Selenskij klaute den ganzen Absatz aus einem Auftritt von Petro Poroschenko auf der Versammlung der neuen Partei "Europäische Solidarität" am 31. Mai. Es ist angenehm, dass Wladimir Petro Poroschenko so wertschätzt", so Tsegolko.
Das Präsidialamt hat den Vorfall bereits in einem Statement auf Facebook kommentiert. Man habe feststellen müssen, dass die Mitarbeiter des ukrainischen Außenministeriums, die Texte für das Briefing des Präsidenten Wladimir Selenskij vorbereiteten, zeitgleich auch noch für Poroschenko tätig waren, hieß es in der Erklärung.
Wir bewerten den Vorfall als einen Sabotageakt seitens der einzelner Mitarbeiter des Außenministeriums und als eine bewusste Provokation vom Team Petro Poroschenkos", heißt es in der Erklärung.
Sollte sich dieser Verdacht bestätigen, werde dies "harte verwaltungstechnische, disziplinarische und personelle Konsequenzen" haben, so das Präsidialamt.
Unabhängig davon, mit welcher Absicht das Poroschenko-Zitat von den Selenskijs Redenschreibern übernommen wurde, steht es mustergültig für die Fortsetzung des identischen antirussischen Kurses des neuen Präsidenten. Viele kritische Journalisten und Blogger der Ukraine stellen bereits fest, dass Selenskij sich lediglich in "Form, Größe und Alter" von Poroschenko unterscheide.
So erinnerte die bekannte Rechtsanwältin und Bloggerin Tatiana Montjan in ihrem Youtube-Kommentar daran, dass Selenkij zur NATO-Frage während seiner Präsindetschaftskampagne öffentlich ein Referendum über einen NATO-Beitrittes in Erwägung gezogen hatte. Nun sei das vergessen, ebenso wie der Vorschlag, die Feuergefechte an der Trennlinie zum Kriegsgebiet im Donbass sofort nach seinem Amtsantritt zu stoppen, so Montjan mit dem Hinweis auf die jüngsten Attacken der ukrainischen Streitkräfte mit Granaten auf eine Moschee am islamischen Feiertag, dem 4. Juni.
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