von Timo Kirez
In einem Schreiben an den französischen Präsidenten fordern die Ärzte ein "Moratorium" für die Verwendung der Waffe LBD 40. Bei der Waffe handelt es sich um eine sogenannte nicht-tödliche Waffe mit einem Zielfernrohr, die Hartgummigeschosse verschießt. Die französische Polizei verwendet Hartgummigeschosse mit 40 mm Durchmesser. Deutsche Polizisten verwenden die Waffe ebenso wenig wie die von der französischen Polizei ebenfalls eingesetzten Tränengashandgranaten. In Frankreich sind beide Waffen zwar zugelassen, doch der Einsatz auf Kopfhöhe ist verboten.
Dennoch kommt es immer wieder zu Augen-Verletzungen von Demonstranten. Frankreich erlebe eine "Epidemie" von Augenverletzungen, schreiben die Augenärzte in ihrem Brief an Macron. Während die Proteste der Gelbwesten in die 17. Woche gehen, verstärkt sich die Debatte um übermäßige Polizeigewalt. Am Samstag veröffentlichte die französische Tageszeitung Journal du Dimanche das Schreiben der 35 führenden Augenärzte des Landes. Zwar müssen Polizisten, die die Waffe einsetzen, mittlerweile eine Kamera am Körper tragen, doch hat sich nicht viel an der Situation geändert.
Viele Menschen riskierten, ihr Augenlicht zu verlieren, schreiben die Ärzte und weisen darauf hin, dass die aktuellen Entwicklungen kein Zufall seien, da die Geschosse mit großer Kraft flögen und oft ungenau abgeschossen würden. Der Brief, der ein "Moratorium" für die Verwendung der Geschosse fordert, wurde schon Anfang Februar an Macron geschickt, aber erst einen Monat später veröffentlicht, um sicherzustellen, dass der Empfänger die Nachricht erhält, so das Journal du Dimanche.
Die umstrittene Waffe bringt die französische Regierung zunehmend in Bedrängnis, da Berichte über Menschen, die durch den Einsatz ihre Augen verlieren, nicht abreißen. Mehr als 20 Demonstranten verloren ein Auge, fünf Hände wurden teilweise oder ganz abgerissen, und eine Person hat ihr Gehör durch eine mit TNT gefüllte GLI-F4-Blendgranate verloren. Der Rechtsstatus von Hartgummigeschossen wird von Menschenrechtsverbänden und Politikern in Frankreich wie auch im Ausland immer wieder in Frage gestellt. Anfang Februar weigerte sich das oberste französische Verwaltungsgericht jedoch, der Polizei den Einsatz der Waffen zu verbieten.
Am Mittwoch forderte die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Michelle Bachelet, eine "vollständige Untersuchung" der übermäßigen Anwendung von Gewalt gegen die Gelbwesten durch Frankreichs Sicherheitsbehörden, und mahnte einen "respektvollen Dialog" an. Laut Regierungszahlen sind seit dem Ausbruch der Proteste im November über 2.000 Demonstranten und über 1.000 Polizisten verletzt worden.