Der Karnevalszug mit dem anstößigen Wagen fuhr am Sonntag durch die belgische Stadt Aalst. Die Beschwerde der Dachverbände der französisch- und flämischsprachigen Juden wurde bei Unia, der Antidiskriminierungsaufsicht, bei den Organisatoren der Veranstaltung sowie den örtlichen Behörden eingereicht. Der Wagen trug den Namen "Schabbatjahr". Darauf zu sehen waren zwei riesige Figuren, die orthodoxe Juden mit traditioneller Kopfbedeckung, dem Schtreimel, und mit Schläfenlocken darstellen sollten. Auf der Schulter einer der Puppen saß eine Ratte. Beide Figuren hatten große, hakenförmige Nasen, goldene Münzen und mit Geld gefüllte Taschen.
Die belgisch-jüdischen Organisationen sind "völlig entsetzt" über den Karnevalszug. In einer gemeinsamen Erklärung heißt es:
Die Karikaturen, wie sie in der NS-Zeitung "Der Stürmer" veröffentlicht wurden, die Juden mit hakenförmigen Nasen und mit Koffern darstellen, waren typisch für den Nationalsozialismus 1939. In einer Demokratie wie Belgien darf es 2019 keinen Platz dafür geben, Karneval hin oder her.
Die Gruppen betonten, dass eine solche Darstellung von Juden besonders im Zusammenhang mit dem "Anstieg von Antisemitismus" in Belgien und in der Welt alarmierend sei. Kritik gab es auch aus dem Ausland. Der israelische Anwalt und politische Kommentator Arsen Ostrovsky nannte die Karnevalsdarstellung einen "kranken Antisemitismus in seiner schlimmsten Form".
Eran Cicurel, Redakteur und Moderator des israelischen TV-Senders IPBC, schrieb, dass der Antisemitismus in Aalst sein "hässliches Gesicht" gezeigt habe. Dem Wagen folgte ein weiteres Gefährt mit singenden und tanzenden Karnevalsjecken, die sich als orthodoxe Juden mit falschen Bärten und pinken Gewändern verkleidet hatten.
Das Bauteam hatte nach eigenen Aussagen andere Ambitionen. Dieser Wagen sollte die steigenden Preise in Belgien symbolisieren und die Notwendigkeit, sparsam zu sein:
Ein Karneval ist einfach ein Fest mit Karikaturen. Wir dachten, es wäre komisch für uns – als rosa Juden verkleidet – einen Safe aufzubewahren, in dem wir unser Geld horten. Der Humor ist auch in anderen Religionen präsent.
Aufgrund von Drohungen, die gegen sie gerichtet wurden, hätten sie die Polizei informiert.
Dieser Wagen war jedoch nicht das einzige Element des Karnevalszuges von Aalst, was zu Kritik führte. Es liefen auch hellhäutige Menschen in schwarzem Make-up mit. Darüber hinaus teilten Personen in Ku-Klux-Klan-Gewändern Schokoriegel aus. Die Idee hierzu soll der Witz eines lokalen rechtsgerichteten Politikers geliefert haben, der ein Foto von dunkelhäutigen Kindern mit "Schokoladenmousse" verglichen hatte.
Der Bürgermeister der belgischen Stadt, Christop D´Haese, sprach sich gegen Zensur beim Karneval aus:
Es ist nicht Sache des Bürgermeisters, sie zu verbieten. Die Teilnehmer des Karnevals hatten keine bösen Absichten.
Anmerkung der Redaktion: Nachdem die Kommentarfunktion unter diesem Artikel leider auch für rassistische und antisemitische Kommentare genutzt wurde, sahen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion für diesen Beitrag zu schließen.