Es war bereits von verschiedenen Seiten darauf hingewiesen worden, dass einige der in Windeln enthaltenen Stoffe nicht immer unbedenklich sind. So heißt es auf der Seite Windeln-Tests der Gesellschaft für Testverfahren mbH, dass in Babywindeln enthaltende Lotionen fragliche Farbstoffe enthalten, darunter Ci 61565, ein Haarfärbemittel, welches sich in Tierversuchen als krebserregend herausgestellt habe. Weiterhin seien meist Paraffinöle als Rückfetter enthalten, welche sich in Leber, Nieren und Lymphknoten anreichern können.
Eine französische Behörde hat am Mittwoch einen Bericht vorgestellt und ausdrücklich vor gesundheitsgefährdenden Stoffen in Babywindeln gewarnt. Analysen hätten ergeben, dass Wegwerfwindeln gefährliche chemische Substanzen enthielten, teilte die Behörde für Lebensmittelsicherheit, Umwelt- und Arbeitsschutz (ANSES) mit.
Schwellenwerte für zahlreiche gefährliche Chemikalien überschritten
Die Behörde testete zwischen 2016 und 2018 verschiedene Windeln von rund 20 in Frankreich häufig eingekauften Herstellern und befand, dass die Konzentrationen verschiedener Substanzen, welche eine Gefahr für die Gesundheit von Säuglingen darstellen könnten, "unter realistischen Nutzungsbedingungen" die Schwellenwerte überschritten.
Demnach werden bei einigen auf dem Markt befindlichen Einwegwindeln die EU-Schwellenwerte für gefährliche Chemikalien überschritten. Unter den Substanzen wurden Duftstoffe wie Lilial und Lyral, Kohlenwasserstoffe (PAKs), PCB-126, PCB-DL sowie Dioxine und Furan festgestellt.
Die Stoffe könnten über den Urin oder die Haut in den Körper des Babys gelangen, das betonen auch Hersteller von Stoffwindeln:
Die Haut atmet diese Schadstoffe ein und über die Haut gelangen diese Schadstoffe unwillkürlich in das noch sehr schwache Immunsystem des Babys", so Windel-Bendel und fügt hinzu: "Haben Sie sich schon einmal gefragt, warum Allergien, Hautkrankheiten, Asthma etc. zunehmen?"
Es gebe derzeit keine Erkenntnisse über gesundheitsschädliche Auswirkungen für Babys, teilte ANSES mit. Es handelte sich um die bislang erste Untersuchung der Gesundheitsrisiken von Babywindeln durch eine Gesundheits- und Sicherheitsagentur. Bereits im Jahr 2017 hatte die französische Zeitschrift "60 Millionen Verbraucher" auf potenziell toxische Rückstände in einigen Babywindeln hingewiesen, was die Hersteller jedoch in Frage stellten.
Der aktuellen Untersuchung zufolge seien bei mehreren Substanzen die Grenzwerte überschritten worden, weswegen sich ein Gesundheitsrisiko auch nicht ausschließen lasse. Polychlorierte Biphenyle (PCB) beispielsweise sind giftige und krebserregende Chlorverbindungen, deren chronische Giftigkeit Leberschäden, eine Schädigung des Immunsystems sowie hormonell bedingte Erkrankungen nach sich ziehen kann.
Die Behörde entdeckte auch Spuren von Glyphosat, flüchtigen organischen Verbindungen (VOCs) und Formaldehyd. Aber diese überschritten nicht die Gesundheitsschwellen. Auch andere bedenkliche Pestizide wie Hexachlorbenzol oder Quintozen, die im Verkauf verboten sind, seien in den Windeln nachgewiesen worden.
Einige der Substanzen, wie zum Beispiel Duftstoffe, werden den Windeln absichtlich hinzugefügt, so die Agentur. Dabei können diese Allergien auslösen und womöglich die Fruchtbarkeit beeinträchtigen. Andere, wie PAKs, VOCs und Formaldehyd, entstehen während des Herstellungsprozesses oder kommen durch kontaminierte Rohstoffe in das Produkt.
Selbstverpflichtung statt Regulierung
Da die Stoffe ein Gesundheitsrisiko darstellen, empfahl ANSES, "die in Einweg-Babywindeln enthaltenen Chemikalien zu beseitigen oder so weit wie möglich zu reduzieren" und forderte die französischen Gesetzgeber auf, entsprechende Regulierungen einzuführen, um Windeln sicherer zu machen.
Außerdem forderte ANSES die Windelhersteller auf, ihre Herstellungsverfahren zu überarbeiten, die Kontrolle der Rohstoffe, die bereits vor der Herstellung kontaminiert sein könnten, zu verbessern und die Verwendung von Duftstoffen in Windeln einzustellen.
Die französische Gesundheitsministerin Agnès Buzyn sagte jedoch nach einem Treffen mit Windelherstellern am Mittwoch:
Ich möchte die Eltern beruhigen.
Die Windeln seien sicher verwendbar, aber man wolle Fortschritte erzielen. So sollten die entdeckten Stoffe in den Windeln künftig reduziert werden oder gar nicht mehr darin vorkommen. Statt konsequenter Regulierung wird auf die Industrie gesetzt, Hersteller sollen innerhalb von 15 Tagen einen Aktionsplan vorlegen.
Edana, der Branchenverband der meisten Hersteller von Babywindeln im Wirtschaftsraum Europa-Arabien-Afrika (EMEA), reagierte jedoch defensiv und teilte mit, Windeln auf dem EU-Markt würden alle geltenden nationalen und europäischen Vorschriften erfüllen oder übertreffen.
Keine Daten über den Gehalt solcher Stoffe in Windeln auf dem deutschen Markt
Das Bundesamt für Risikobewertung (BfR) in Berlin habe keine Daten über den Gehalt dieser Stoffe in Windeln auf dem deutschen Markt, sagte dessen Sprecher Jürgen Thier-Kundke. Es gebe in Deutschland die "Bedarfsgegenständeverordnung". Dort seien die Anforderungen an Windeln und andere Produkte detaillierter geregelt als in Frankreich. Auch dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit liegen keine Befunde vor, hieß es. Inwieweit es dazu Untersuchungen gibt, wurde nicht weiter erläutert.
Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) geriet jüngst in die Kritik, nachdem bekannt wurde, dass bei der Prüfung zur beantragten Neuzulassung des umstrittenen Pflanzengifts Glyphosat "wortwörtlich" aus einem Papier von Monsanto abgeschrieben worden sein soll.
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Gegen Glyphosat hatte es auch in Deutschland immer wieder massive Proteste gegeben. Das Mittel steht unter Verdacht, krebserregend zu sein. Bayer hat den Monsanto-Konzern im vergangenen Jahr übernommen und sieht sich aufgrund der gesundheitsschädlichen Wirkung des Pflanzengifts mit mehr als 9.000 Klägern konfrontiert. Die EU-Mitgliedsstaaten hatten das Pestizid im November 2017 für fünf weitere Jahre zugelassen.
Es wird auch beim Anbau von Nutzpflanzen wie Baumwolle verwendet. Daher wurde der umstrittene Unkrautvernichter auch immer wieder in Hygieneprodukten wie zum Beispiel Tampons gefunden, aber auch in Bier.
(dpa/rt deutsch)