Gegen ungesunde Chemikalien in Lebensmitteln muss aus Sicht der obersten EU-Rechnungsprüfer effektiver vorgegangen werden. Die EU-Regeln seien "überfrachtet" und die Staaten mit den Lebensmittelkontrollen überfordert, kritisierte der Europäische Rechnungshof in einem am Dienstag veröffentlichten Bericht. Eine Lösung sei, die Labors der Lebensmittelindustrie stärker in die Kontrollen einzubeziehen, um staatliche Stellen zu entlasten.
Als potenziell gefährlich gelten nach den EU-Regeln rund 8.000 Substanzen – neben Mitteln zur Schädlingsbekämpfung gehören dazu Farb- und Aromastoffe, Tiermedikamente sowie Plastik. Die Lebensmittel in der EU seien im weltweiten Vergleich zwar besonders sicher, sagte der zuständige Rechnungsprüfer Janusz Wojciechowski. Dennoch stehe das derzeitige System vor Herausforderungen.
Die Regeln seien so umfangreich, dass es den nationalen Prüfstellen nicht gelinge, alle Aufgaben zu erfüllen. "Tausende Stoffe werden praktisch nicht kontrolliert", sagte Wojciechowski. Dies betreffe vor allem Zusatzstoffe – sie werden auf Lebensmittelverpackungen mit einer sogenannten E-Nummer gekennzeichnet. Hinzu komme, dass einige EU-Staaten bestimmte Chemikalien seltener kontrollierten als andere. Das gefährde die Glaubwürdigkeit des Systems.
Daneben beanstandeten Wojciechowski und seine Kollegen, dass die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA mit ihrer Arbeit im Bereich der Chemikalien im Rückstand sei. Die EFSA soll die EU-Institutionen eigentlich bei der Entscheidungsfindung beraten.
Der Rechnungshof forderte die EU-Kommission auf, die Auflagen für die Lebensmittelindustrie zu überarbeiten und stärker mit der Wirtschaft zu kooperieren. "Die Kapazitäten der staatlichen Prüfstellen reichen schlicht nicht aus", sagte Wojciechowski. Die Lebensmittelindustrie müsse Prüfungen übernehmen. "Es ist in ihrem eigenen Interesse, die Regeln anzuwenden, weil sie Verantwortung trägt, wenn es zu chemischen Verunreinigungen kommt."
Der Rechnungshof hat für seinen Bericht beispielhaft die Lebensmittelkontrollen in Italien, den Niederlanden und Slowenien untersucht. Die Prüfung erfolgte von Dezember 2017 bis Mai 2018.
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(rt deutsch/dpa)