Zwei Tage lang hatte Chérif Chekatt die französische und die deutsche Polizei in Atem gehalten. Am Ende war der mutmaßliche Attentäter von Straßburg gar nicht weit gekommen. Er starb in dem Viertel, in dem er schon kurz nach der Tat vermutet worden war. Hunderte Polizisten suchten im deutsch-französischen Grenzgebiet nach dem Mann, der am Dienstag in der weihnachtlich geschmückten Straßburger Innenstadt auf mehrere Menschen geschossen hatte.
Nach offizieller Darstellung machten drei Polizisten am Donnerstagabend den mutmaßlichen Attentäter auf einer Straße im Stadtteil Neudorf aus. Sie wollten ihn verhaften, der 29-Jährige eröffnete das Feuer. Sekunden später war er tot – erschossen von den Polizisten.
Der französische Innenminister Christophe Castaner schilderte das Geschehen nur gut eine Stunde später bei einem kurzfristig einberufenen Pressestatement. "Ich denke an Straßburg. Ich denke an Frankreich, das durch diesen Angriff verwundet wurde."
Drei Menschen hatten bei dem Terroranschlag ihr Leben verloren: Ein Tourist aus Thailand, der gerade erst in Straßburg angekommen war, ein Franzose, der vor einem Restaurant auf seine Familie wartete, und ein Mann, der vor Jahren vor dem Krieg in Afghanistan geflohen war – er soll vor den Augen seiner Familie erschossen worden sein, wie die Regionalzeitung Dernières Nouvelles d'Alsace schreibt.
Ein weiteres Opfer ist hirntot, die Hirnfunktionen sind unwiderruflich ausgefallen. Nur mit Maschinen kann das Opfer noch am Leben gehalten werden. Zahlreiche Menschen wurden verletzt. Zeugen berichteten, der Angreifer habe "Allahu Akbar" gerufen.
Nachdem der mutmaßliche Angreifer getötet wurde, dürfte in Straßburg wieder etwas Normalität einkehren. Am Freitag soll der Weihnachtsmarkt wieder öffnen. Die vielen Stände und Attraktionen in der Innenstadt waren nach dem Anschlag zunächst geschlossen geblieben. Die Wiedereröffnung kündigte Innenminister Castaner bereits kurz vor der Nachricht von Chekatts Tod an. "Der Terrorist wird festgenommen werden", sagte er vielversprechend.
In den vergangenen Tagen herrschte in der Stadt am Rhein Ausnahmezustand. Die nur wenige Kilometer vom Zentrum entfernte Grenze nach Deutschland wurde scharf kontrolliert. Erst am Nachmittag hatte es einen Polizeieinsatz in Neudorf gegeben. Dutzende Polizeiwagen standen auf der Straße. Schwer bewaffnete Sicherheitskräfte sicherten das Gebiet. Blaulicht überall. Nur wenige Stunden später war das Viertel nahe der Innenstadt wieder Schauplatz des Geschehens.
Dort hatte sich der mutmaßliche Täter bereits unmittelbar nach dem Anschlag am Dienstagabend mit einem Taxi absetzen lassen und war danach verschwunden. Zivilpersonen sollten das Viertel schon kurz nach der Tat auf Geheiß der Sicherheitskräfte meiden.
Chekatt soll dort am Donnerstag eine Frau angesprochen haben, berichteten mehrere Medien. Diese habe bemerkt, dass der Mann verletzt war und daraufhin die Sicherheitskräfte alarmiert. Der Sender BFMTV zeigte auch ein Foto, auf dem der getötete Chekatt zu sehen sein soll. Seine Leiche liegt auf dem Bürgersteig, teils in einer Art Hauseingang.
Nur kurze Zeit später sicherten Menschen in weißen Schutzanzügen den Tatort vor dem Haus Nummer 74 in der Rue de Lazaret. Dutzende Polizeifahrzeuge standen dort, ein Hubschrauber kreiste in der Luft.
"Dieser Terrorist" ist tot, erklärte Straßburgs Bürgermeister Roland Ries am Abend. Fast gleichzeitig reklamierte die Terrormiliz Islamischer Staat den Terroranschlag für sich. Chekatt sei ein Soldat des IS gewesen.
Mit Chekatts Tod endet nun nicht nur die Jagd der Polizei, sondern auch eine bemerkenswerte kriminelle Karriere. Mit 13 Jahren wurde er das erste Mal verurteilt, er saß etliche Male wegen Einbrüchen im Gefängnis, sowohl in Frankreich als auch in Deutschland. Dort soll er sich radikalisiert haben. Deutsche Behörden bescheinigten ihm bereits vor zwei Jahren: "Von Ihnen geht auch eine konkrete Gefahr neuer Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung aus."
Der Fall Chekatt weist erstaunliche Parallelen zu vorherigen Terrorattacken in Frankreich und Deutschland auf. Auch hier gab es bemerkenswerte Fehlleistungen von Polizei und Sicherheitsbehörden. Und auch in diesen Fällen konnte der Täter nicht festgenommen werden und aussagen.
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(rt deutsch / dpa)