Die britische Premierministerin Theresa May hatte wegen einer drohenden Niederlage die für Dienstagabend geplante Abstimmung im britischen Parlament über ihr mit der Europäischen Union vereinbartes Brexit-Paket verschoben. Stattdessen kündigte sie an, weitere "Zusicherungen" der EU erreichen zu wollen und so die Bedenken im Unterhaus auszuräumen.
Am Dienstag begab sie sich dann auf eine hektische Rettungsmission durch halb Europa. Zunächst traf sie den niederländischen Ministerpräsidenten Mark Rutte in Den Haag. Danach besuchte sie Kanzlerin Angela Merkel in Berlin. Die deutsche Regierungschefin erteilte aber den Nachverhandlungen am Brexit-Vertrag eine Absage.
Wir haben gesagt, dass es keine weitere Öffnung des Austrittsabkommens gibt", sagte Merkel am Dienstag nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur vor Sitzungsteilnehmern in der Unionsfraktion nach ihrem Treffen mit der britischen Regierungschefin.
Dennoch gab sich Merkel demnach zuversichtlich, dass es eventuell doch eine Lösung geben könnte. Auch britische Abgeordnete wollten mehrheitlich keinen Ausstieg Großbritanniens aus der EU ohne Abkommen. Denn dies sei die schlechteste Lösung.
Juncker: Änderung des Backstops ausgeschlossen
Als zentralen Knackpunkt bezeichnete Merkel nach diesen Informationen die Garantie für eine offene Grenze zwischen dem EU-Staat Irland und dem britischen Nordirland, den sogenannten Backstop. Es gehe nun darum, ob Großbritannien mehr Sicherheit gegeben werden könne für den Fall, dass das Land länger in einer Zwischenphase stecke und wirtschaftspolitisch nicht handlungsfähig sei. Für diesen Fall suche May Unterstützung.
Konservative Brexit-Befürworter befürchten, dass die im Austrittsvertrag vorgesehene Lösung Großbritannien nach dem Brexit auf Dauer eng an die EU bindet. Sie wollen eine Befristung. Das hatte die EU aber stets abgelehnt mit der Begründung, eine Garantie könne nicht befristet sein.
EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker bekräftigte im Europaparlament, eine Änderung des Backstops sei ausgeschlossen.
Er ist nötig, nötig für das gesamte Paket dessen, was wir mit Großbritannien verhandelt haben, und nötig für Irland", sagte Juncker und stellte klar: "Jeder muss wissen, dass der Austrittsvertrag nicht noch einmal aufgemacht wird."
Gleichwohl signalisierte er etwas Entgegenkommen: "Es gibt genug Spielraum, um weitere Klarstellungen und weitere Interpretationen zu geben, ohne das Austrittsabkommen noch einmal aufzumachen." Die EU könnte May nach Darstellung von Diplomaten in einer gesonderten Erklärung zusichern, dass man gemeinsam alles versuchen werde, um den Backstop niemals anwenden zu müssen.
In der Debatte im Europaparlament äußerten sich Abgeordnete ungeduldig wegen der politischen Blockade in London. Der CDU-Europaabgeordnete Elmar Brok meinte aber, dass Mays Gespräche in Europa ihr womöglich doch noch zu einer Mehrheit im Unterhaus verhelfen könnten. Vielleicht könne man klarstellen, dass der Backstop kein "böser Trick der EU sei". Dennoch halte er einen harten Brexit ohne Deal zunehmend für wahrscheinlich. "Das Problem ist, dass wir in Großbritannien keinen Partner haben", sagte Brok.
Theresa May will sich noch mit EU-Ratschef Donald Tusk und EU-Kommissionspräsident Juncker in Brüssel treffen.
Mehr zum Thema - Nach verschobener Brexit-Abstimmung: Nachverhandlungen sind Theresa Mays letzte Hoffnung
(dpa/rt deutsch)