Eine NATO-Flotte mit dem britischen Zerstörer HMS Duncan an der Spitze durchquerte im Mai 2018 das Schwarze Meer auf dem Weg in Richtung Krim. Als sich die Flotte rund 30 Seemeilen vor der Krim befand, tauchten zuerst zwei Kampfjets auf dem Radar des Zerstörers auf, dann immer mehr. Der Radaroffizier sagt dem Fernsehteam des TV-Senders Channel 5, dass es sich "wahrscheinlich" um russische Kampfjets handelt, weil sie aus dem "russischen Luftraum" kamen. Genauer gesagt von der Krim. In der Welt der Militärs hat sich also ebenfalls die Realität durchgesetzt, dass die Krim zur Russischen Föderation gehört.
Die Anspannung der Crew ist deutlich zu spüren, wenn man sich das Video anschaut. Es herrscht Unsicherheit über die Frage, was der Mix aus russischen Jägern und Bombern vorhat. Kommodore Mike Utley meint dazu:
Ich denke ihre Taktiken sind naiv. Was sie (die Russen) nicht wissen, wie fähig dieses Schiff ist. (…) Sie hatten 17 Flugzeuge, wir haben 48 Raketen. Ich denke wir werden dieses (eventuelle Feuergefecht) gewinnen.
Ob wirklich die Taktik der Russen oder ob die Machtprojektion der NATO vor russischem Gewässer naiv ist, sei mal dahingestellt. Fakt ist aber, dass die tieffliegenden Kampfjets eine potenzielle Bedrohung darstellten, unabhängig von den von ihnen verfolgten Absichten und ihren Befehlen. Die starken Radarsignale der HMS Duncan hätten die Elektronik der Flugzeuge empfindlich stören und vielleicht zu Fehlfunktionen führen können, sodass die Jets eine Gefahr für sich selbst und vielleicht sogar für andere hätten darstellen können. Nach dem entsprechenden Hinweis des Offiziers an die Piloten beendeten diese das Manöver, und einer von ihnen verabschiedete sich mit den Worten: "Viel Glück, Jungs."
Für Admiral Lord West, den ehemaligen Flottenkommandeur der königlichen Marine und Direktor des britischen Militärgeheimdienstes, war das nicht sonderlich witzig. Obwohl er jetzt Mitglied im House of Lords ist, dem Oberhaus des britischen Parlaments, wählte er Worte, die diesem Stand nicht unbedingt gut zu Gesicht stehen.
Die Royal Navy habe aufgrund der Vorkommnisse im Schwarzen Meer "nützliche" Daten über russische Kampfjets sammeln können, die es den britischen Waffensystemen – und somit auch jenen der NATO – ermöglichen würden, Schwachstellen zu finden. Die Ergebnisse würden es im Ernstfall erlauben, die Kampfjets abzuschießen:
In diesem Fall können wir all diese 'Bitches' abschießen, wenn sie sich entscheiden, irgendetwas zu tun. Ich habe keinen Zweifel daran, dass wir die Russen in einem konventionellen Kampf auf der See ohne irgendwelche Probleme schlagen können.
Was dabei aber unausgesprochen bleibt, ist die Frage über die Qualität der britischen Waffensysteme, wenn offensichtlich erst "nützliche Daten" über russische Kampfjets gesammelt werden mussten.
Weiterhin meinte Admiral Lord West, der mit bürgerlichem Namen Alan William John West heißt, dass es "genau solche Dinge waren, die zum Ersten Weltkrieg geführt haben". Damit hat er nicht unrecht. Aber bereits im nächsten Satz stellt er klar, dass es die alleinige Schuld des russischen Präsidenten Wladimir Putin sei, die zu solchen Situationen führe. Und damit lässt er die wichtigste Erkenntnis des Ersten Weltkrieges aus, dass es nicht die Schuld eines Einzelnen war. Großbritannien spielte damals wie heute eine entscheidende Rolle in dieser Hinsicht, die sich unter anderem auch im Selbstverständnis der königlichen Politik finden lässt. "Als fünftgrößte Wirtschaftsmacht der Welt trägt Großbritannien Verantwortung gegenüber seinen Alliierten und Partnern. Aber Britannien hat auch globale Ambitionen, namentlich die Verteidigung der Seewege, die den Wohlstand des Landes untermauern." Genauso wie Großbritannien sich dieses Recht herausnimmt, beabsichtigt auch Russland, seine Interessen vor der eigenen Haustüre zu verteidigen.
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