Der Haushaltsstreit zwischen Italien und der Europäischen Union ist in vollem Gange. Die Europäische Kommission hatte den italienischen Haushaltsentwurf abgelehnt. Dieser stelle einen Verstoß gegen die Budgetvorschriften des Stabilitäts- und Wachstumspakts dar, die italienischen Schulden seien ein Grund zur Sorge.
Die italienische Regierung sieht für 2019 eine Neuverschuldung von 2,4 Prozent der Wirtschaftsleistung vor. Sie hat angekündigt, dem Druck aus Brüssel nicht nachgeben zu wollen. Bereits vor drei Wochen schrieb Luigi di Maio, stellvertretender Ministerpräsident und Vorstand der Fünf-Sterne-Bewegung, auf Facebook:
Der Haushalt gefällt der EU nicht. Das überrascht mich nicht. Es ist der erste italienische Haushalt, der in Rom geschrieben wurde und nicht in Brüssel!
Das europäische Establishment greift in dieser Auseinandersetzung zu ungewöhnlichen Mitteln. Mario Draghi, Chef der Europäischen Zentralbank, warnte vergangene Woche, dass der massenhafte Verkauf italienischer Staatsanleihen die Banken des Landes in Gefahr bringen könnte. Diese ungewöhnliche Bemerkung des auch für die Bankenaufsicht zuständigen Notenbankers wurde als Versuch verstanden, die Regierung auf Linie zu bringen. Italiens Regierung versicherte umgehend, dass die Banken nicht in Schwierigkeiten geraten würden.
Der italienische Kapitalmarkt steht unterdessen erheblich unter Druck. Der Aktienindex des Landes hat in den vergangenen Wochen erheblich an Wert verloren, die Renditen für italienische Staatsanleihen sind drastisch gestiegen. Die Ratingagentur Moody's senkte ihr Rating Italiens von Baa2 auf Baa3, S&P änderte den Ausblick auf negativ.
Nach Einschätzung von Heinz-Werner Rapp, Chef des FERI Cognitive Finance Institutes, ist der aktuelle Budgetstreit Teil einer Inszenierung durch die italienische Regierung. Diese habe längst vorbereitete Pläne zur Einführung einer Parallelwährung, mit der ein Austritt aus dem Euro vorbereitet werden könnte.
Dazu könnte, so Rapp, der italienische Staat Schuldverschreibungen in kleiner Stückelung herausgeben, die im inländischen Zahlungsverkehr als alternatives Zahlungsmittel zugelassen wären. Diese sogenannten Mini-BOTs würden als Parallelwährung fungieren, die Regierung könnte auf diese Weise ohne Rücksprache mit der EZB neues Geld in Umlauf bringen. Damit schaffe das Land zum einen zusätzlich zum negativen Target-Saldo eine weitere Drohkulisse gegenüber EZB und Kommission, zum anderen einen Schutz gegen mögliche Sanktionen der EZB.
Wie das Ringen zwischen Italien und der EU ausgeht, ist noch nicht abzusehen. Immer deutlicher wird allerdings, dass der Ausstieg aus dem Euro für die italienische Regierung eine realistische Option ist. Hintergrund dürfte die Erkenntnis sein, dass es eine wirtschaftliche Erholung des Landes innerhalb des Euro-Systems nicht geben wird.
Welche Auswirkungen ein "Italexit" auf die EU, den Euro, aber auch auf das Land selber hätte, ist offen. Kommissionschef Jean-Claude Juncker erklärte am Freitag in einem Interview mit dem ORF, dass er nicht an ein Verlassen der Euro-Zone durch Italien glaube: "Diese Gefahr sehe ich nicht, weil niemand macht Selbstmord."
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