Die Operation sei demnach die Arbeit des russischen Militärgeheimdienstes GRU gewesen, so zumindest der niederländische Verteidigungsminister Ank Bijleveld während einer Medienkonferenz am Donnerstag. Laut dem Minister hätten es die vermeintlichen Agenten auf die in Den Haag ansässige Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) abgesehen. Bereits im April seien vier russische Geheimdienstler verhaftet und des Landes verwiesen worden, fügte der Minister hinzu. Zuvor hätten die Männer in die Schweiz weiterreisen wollen, um auch dort ein OPCW-Labor zu hacken.
Laut Bijleveld wurden die angeblichen Agenten bei der Durchführung ihrer Operation am 13. April gestört. Sie waren den Angaben zufolge am 10. April mit Diplomatenpässen in die Niederlande eingereist und dort von einem Angehörigen der russischen Botschaft empfangen worden. Auch hätten die Männer Fotos in der Umgebung der OPCW in Den Haag gemacht.
Am 13. April sollen sie ein Auto neben dem Büro der OPCW geparkt haben. Ihr Fahrzeug habe Hightech-Gerätschaften enthalten, um sich in das Computernetzwerk der Organisation zu hacken. Einer der Festgenommenen sei IT-Experte gewesen. Der militärische Geheimdienst der Niederlande machte auch Namen und Fotos der vermeintlichen Spione bekannt. Zudem sollen diese auch einen Angriff auf die Untersuchungen zum Abschuss des Passagierflugzeuges MH17 geplant haben. Dies sei aus der Beschlagnahmung und Untersuchung der Laptops und Handys der Beschuldigten hervorgegangen.
Der niederländische Generalmajor Onno Eichelsheim, der ebenfalls auf der Medienkonferenz sprach, betonte, dass die Russen "nicht im Urlaub waren" und einer der Männer 20.000 Euro in bar bei sich gehabt habe. Der russische Botschafter in den Niederlanden sei aufgrund des Vorfalls zum Außenministerium des Landes einbestellt worden, gaben weitere Offizielle zu Protokoll.
Ein weiterer Gast der Konferenz, der britische Botschafter in den Niederlanden Peter Wilson, sprang den Niederländern bei, um zu behaupten, dass ein weiteres Ziel der Russen auch das britische Außenministerium und das Porton Down Defense and Science Laboratory gewesen sei. Wilson schloss sich einer früheren Erklärung des britischen Außenministers Jeremy Hunt an. Dieser hatte behauptet, dass der GRU für "rücksichtslose und willkürliche" Handlungen im Cyberspace auf der ganzen Welt verantwortlich zeichne.
In einer ersten Reaktion auf die Anschuldigungen Hunts bezeichnete die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, diese als das Produkt einer "blühenden Einbildungskraft". "Hier wird einfach alles vermischt: GRU, Cyperspione und Kremlhacker. Das ist einfach eine Parfümmischung aus der Hölle", sagte Außenamtssprecherin Maria Sacharowa am Donnerstag in Moskau und spielte damit auf die Angaben britischer Ermittler an, wonach das Nowitschok-Gift in einer Parfüm-Probe transportiert worden sei. Eine Britin war gestorben, nachdem sie mit einer gefundenen Parfümflasche in Kontakt gekommen war.
Wenige Stunden vor den Enthüllungen in Den Haag veröffentlichte die britische Cyberabwehr eine Liste von Hackergruppen, hinter denen "so gut wie sicher" der GRU stehe. Darunter ist auch "APT 28", die hinter den Angriffen in Deutschland vermutet wird. Experten gingen bereits davon aus, die offizielle Anschuldigung aus London untermauert nun den Verdacht. Russland wies den Vorwurf umgehend zurück. Das britische National Cyber Security Center will ebenfalls herausgefunden haben, dass der GRU für Attacken gegen die Welt-Anti-Doping-Agentur WADA und die Demokratische Partei vor den US-Präsidentschaftswahlen 2016 verantwortlich ist.
Auch NATO- und EU-Vertreter machen Russland verantwortlich
Derweil forderte NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg Russland dazu auf, unverzüglich die Hackerangriffe auf ausländische Computer und Datennetze einzustellen:
Moskau muss seine rücksichtlose Verhaltensweise beenden", sagte der Norweger.
Auch EU-Ratspräsident Donald Tusk und Kommissionschef Jean-Claude Juncker verurteilten das Vorgehen, "das internationales Recht und internationale Institutionen untergräbt".
Wie ebenfalls am Donnerstag Nachmittag bekannt wurde, hat das US-Justizministerium sieben vermeintliche russische Geheimdienstmitarbeiter angeklagt. Ebenso wie Großbritannien und die Niederlande werfen die US-Ermittler den Angeklagten Hackerangriffe auf die Welt-Anti-Doping-Agentur WADA und OPCW-Organisationen vor. Die Aktivitäten der Hacker werden als Teil einer laufenden Kreml-Kampagne bezeichnet, um die westliche Demokratie zu "untergraben".
Nach Ansicht der US-Ermittler, sollen es die Angeklagten auf Beamte abgesehen haben, die ein Verbot russischer Athleten bei internationalen Sportveranstaltungen unterstützten. Ebenso sei ein Kernenergieunternehmen aus Pennsylvania ins Visier der "russischen Hacker" geraten. Ziel sei es nun, die Angeklagten "nach Pittsburgh zu bringen und sie ins Gefängnis zu stecken". Bei den Verdächtigen handelt es sich um Personen namens Dmitry Badin, Artem Malyshev, Aleksey Minin, Aleksey Morenets, Evgeny Serebryakov, Oleg Sotnikov und Ivan Ermakov.
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Drei der Angeklagten wurden bereits im Juli vom Sonderberater des Weißen Hauses Robert Müller angeklagt, da diese in die Veröffentlichung von E-Mails der Demokratischen Partei im Jahr 2016 verwickelt gewesen sein. Da es unwahrscheinlich ist, dass die Männer wegen der US-Vorwürfe ausgeliefert werden, ist die Anklage weitgehend symbolischer Natur.
Dieser Versuch, Zugang zu den sicheren Systemen einer internationalen Organisation zu erhalten, die sich für die Befreiung der Welt von chemischen Waffen einsetzt, zeigt erneut, dass die GRU die globalen Werte und Regeln missachtet, die uns alle sicher machen", sagten die britische Premierministerin Theresa May und ihr niederländischer Amtskollege Mark Rutte in einer gemeinsamen Erklärung.
Zudem erklärte US-Verteidigungsminister James Mattis auf einem Treffen der NATO-Verteidigungsminister in Brüssel, Belgien, dass die USA "heute bereit sind, unseren Verbündeten Cyber-Unterstützung zu gewähren", und fügte hinzu:
Ich habe genug Beweise gesehen, um zu sagen, dass die Niederländer und Briten 100 Prozent genau wissen, wem sie das zugeschrieben haben.
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