Die britische Premierministerin Theresa May hat in Sachen Brexit erneut eine Kehrtwende vollzogen. Hatte sie in den vergangenen beiden Wochen noch den Brexit-Hardlinern in ihrer Partei die Stirn geboten, knickte sie am Montagabend im Parlament ein. Nun droht ihr eine neue Zitterpartie im Parlament.
May hatte am Montag überraschend mehrere Änderungsanträge des Brexit-Hardliners Jacob Rees-Mogg zum neuen Zollgesetz akzeptiert. Nach Ansicht von Kritikern ist es damit nahezu unmöglich geworden, dass Brüssel Mays Vorschläge für ein Zollabkommen mit Großbritannien akzeptiert. Rees-Mogg führt eine etwa 60-köpfige Gruppe von Befürworter eines harten Brexits innerhalb der Regierungsfraktion an.
Im Streit um den neuen Brexit-Plan, der eine engere Bindung an die EU vorsieht, hatten sowohl Brexit-Minister David Davis als auch Außenminister Boris Johnson vergangene Woche ihren Hut genommen. Mehrere Abgeordnete traten von ihrem Posten als Staatssekretär oder von Parteiämtern zurück. Der Druck auf May scheint gewirkt zu haben.
May streitet zwar ab, dass die Änderungen am Zollgesetz wesentlichen Einfluss auf ihre neue Brexit-Strategie haben werden, doch die EU-freundlichen Kräfte in ihrer Partei sind verärgert. Sie wollen nun zurückschlagen. Am Dienstagabend könnten sie der Regierung mit Unterstützung der Opposition eine Niederlage bei der Debatte zum Handelsgesetz zufügen. Sie wollen einen Passus durchsetzen, der Großbritannien dazu verpflichtet, in einer Zollunion mit der EU zu bleiben.
Für die Premierministerin wird es zunehmend schwierig, die beiden Flügel in ihrer Partei im Streit um den Brexit unter Kontrolle zu halten. Ein Vorstoß der Regierung, die Sommerpause des Parlaments um eine Woche vorzuziehen, wurde als verzweifelter Versuch gewertet, einen möglichen Sturz der Premierministerin abzuwenden. Noch am Dienstagabend sollte über den Beginn der Sommerpause abgestimmt werden.
May regiert seit der Parlamentswahl im vergangenen Juni mit einer hauchdünnen Mehrheit und ist deswegen anfällig für Revolten von beiden Seiten. Mehrmals wurde sie bereits abgeschrieben. Doch so eng wie derzeit, war es wohl noch nie für sie.
Auch die Forderungen nach einem zweiten Referendum werden immer lauter. Die ehemalige Kultusministerin Mays, Justine Greening, war damit am Montag an die Öffentlichkeit gegangen. Auch die am Dienstag von der britischen Wahlkommission verhängte Strafe gegen "Vote Leave", die führende Wahlkampfkampagne für einen EU-Austritt, hat dem Ruf nach einer zweiter Volksabstimmung einen neuen Impuls verliehen. "Vote Leave" wird vorgehalten, das erlaubte Limit für Wahlkampfausgaben beim Brexit-Referendum überschritten zu haben.
(rt deutsch/dpa)