Deutschland streitet über die Asylpolitik. Soll es an der Grenze Zurückweisungen von Migranten geben oder nicht? Innenminister Horst Seehofer (CSU) will dies, Kanzlerin Angela Merkel (CDU) lehnt dies ab. Merkel zufolge soll das Problem illegale Migration nicht auf nationaler, sondern auf EU-Ebene gelöst werden. Nun weilte der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz zwei Tage in Berlin. Sein Land wäre von möglichen Zurückweisungen betroffen, denn die meisten illegalen Migranten kommen über Österreich bis an die deutsche Grenze. Am Dienstag traf sich Kurz mit Merkel, am Mittwoch kam er mit Innenminister Seehofer zusammen.
Im Gegensatz zu 2015 muss man nun frühzeitig reagieren
Im Kampf gegen die illegale Migration nach Europa ist nach den Worten des Kanzlers der Alpenrepublik eine "Achse der Willigen" nötig. Er nannte dabei in erster Linie Rom, Wien und Berlin. Im deutschen Innenminister sehe er einen wichtigen Partner, sagte Kurz am Rande des Treffens mit Seehofer. Beide betonten die Notwendigkeit, die europäischen Außengrenzen wesentlich besser zu schützen. Deshalb müsse auch die Grenzschutzorganisation Frontex entsprechend gestärkt werden, bekräftigte Kurz.
Seehofer und Kurz wiesen darauf hin, dass inzwischen über Albanien eine Alternativroute für Flüchtlinge nach Nordeuropa führe. Kurz sagte dazu, es gelte hier, anders als 2015, frühzeitig zu reagieren. Die Innenminister von Italien, Österreich und Deutschland hätten sich laut Seehofer ebenfalls darauf verständigt, intensiver im Kampf gegen illegale Migration zusammenarbeiten zu wollen. Den Österreichern sicherte der CSU-Chef Unterstützung bei deren Plänen zu, die EU-Außengrenzen besser zu schützen. Sollte dies gelingen, könnte der Schutz an der Binnengrenze überflüssig werden.
"30.000 bis 40.000 Flüchtlinge" derzeit am Balkan
Über den Anstieg der Zahl illegaler Migranten während der letzten Wochen auf der sogenannten Westbalkan-Route sprach neulich auch die österreichische Außenministerin Karin Kneissl. So sagte sie Ende Mai, dass sich "derzeit etwa 30.000 bis 40.000 Flüchtlinge am Balkan versammeln würden". In einem nun veröffentlichten Interview mit dem Handelsblattsagte die Chefdiplomatin der Alpenrepublik, die Migration aus Nordafrika und dem Nahen Osten sei nicht nur "durch Kriege bedingt", sondern vielmehr "durch die demografische Entwicklung".
Wir werden es verstärkt mit jungen Menschen zu tun haben, die nicht unmittelbar verfolgt oder Kriegsflüchtlinge sind, sondern die sich zu Hause keinen Status mehr schaffen können", so Kneissl.
Österreich übernimmt am 1. Juli die EU-Ratspräsidentschaft und hat sich die Stärkung der EU-Außengrenzen als Schwerpunkt vorgenommen.
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