Der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdoğan kommt am kommenden Sonntag, dem 20. Mai, nach Bosnien-Herzegowina, genauer gesagt nach Sarajevo. In der ehemaligen Olympiahalle "Juan Antonio Samaranch", die in der bosnischen Hauptstadt nur Zetra-Halle genannt wird, soll er vor Tausenden Menschen eine Rede halten. Sein Kommen ist offiziell als Arbeitsbesuch angekündigt, beiwohnen soll er einem Kongress der Union Europäisch-Türkischer Demokraten, die seinen Besuch auch organisiert.
In der Halle werden 15.000 Menschen erwartet. Busse mit Besuchern aus Mazedonien, aber auch der EU wurden schon in den Medien angekündigt. Der Kongress soll um 11 Uhr beginnen und bis 19 Uhr dauern. Wann genau der türkische Präsident seine Rede hält, ist nicht bekannt. Wie die lokalen Medien berichten, sollen fast 95 Prozent der Hotelzimmer für dieses Wochenende ausgebucht sein. Die Stadt ist aber zwischen Euphorie und Verärgerung gespalten.
Erdoğan sei ein großer Staatsmann, aber mische zu viel ein
In Bosnien-Herzegowina finden in September Parlamentswahlen statt, und die Opposition betrachtet den Auftritt Erdoğans als direkte Unterstützung für Bakir Izetbegović. Er ist der aktuelle Vertreter der bosnischen Muslime im dreiköpfigen Staatspräsidium des Landes und Vorsitzender der Partei der demokratischen Aktion (SDA). Den beiden Politikern werden sehr gute Beziehungen nachgesagt, zumal der bosniakische Politiker der Sohn des ehemaligen bosnischen Präsidenten Alija Izetbegović ist, der in den 90er-Jahren hervorragende Beziehungen zu Ankara pflegte.
Der Vertreter der Kroaten im Land, Dragan Čović, sah keinen Grund, den Besuch zu kommentieren, während sich der serbische Politiker und jetzige Präsident der Republika Srpska jüngst nur kurz dazu äußerte:
Erdoğan ist ein großer Staatsmann. Es handelt sich um ein großes Land. Aber er mischt sich zu viel ein.
Kritik kam von den muslimischen Parteien, die um dieselben Wähler buhlen, wie etwa die SDA.
Das ist eine schlechte Botschaft. Wir sind doch keine Vasallen, zu denen man unangekündigt zu Besuch kommen kann", die stellvertretende Vorsitzende der zweistärksten muslimischen Partei Bosniens, Adisa Arapović.
Bewohner von Sarajevo ebenfalls gespalten
Viele befürchten auch Nachteile für Bosnien-Herzegowina auf dem Weg in die EU, zumal selbst Deutschland, Österreich und die Niederlande bereits vor Wochen angekündigt hatten, Wahlkampf-Auftritte Erdoğans in ihren Länder zu verbieten. Erdoğan hatte seinen Besuch auf dem Balkan auch erst angekündigt, nachdem mehrere westeuropäische Länder so reagiert hatten.
Die Bewohner Sarajevos reagieren ebenfalls gespalten. Die Reaktionen reichen von Begeisterung und Willkommensbekundungen bis hin zu Kritik, dass der türkische Präsident damit das kleine Land für seine persönlichen politischen Zwecke missbrauche und somit Bosnien-Herzegowina die Staatlichkeit abspreche.
Ankara ist einer, wenn auch nicht der größte Investor in Bosnien-Herzgowina (rund 3,5 Millionen Einwohner). Nach Angaben türkischer Medien erreichte das bosnisch-türkische Handelsvolumen im vergangenen Jahr ein Volumen von rund 700 Millionen US-Dollar. In den nächsten Jahren wird es sicherlich zunehmen, denn Großprojekte wie der Bau einer Autobahn von Sarajevo nach Belgrad sind schon angekündigt. Egal wie der Besuch gewertet wird, eines spiegelt es zweifelsfrei wider - Ankaras steigenden Einfluss in diesem Teil Europas.
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