"Rassistische Hassreden im öffentlichen Diskurs" eskalierten in Kroatien, heißt es in einem jüngst veröffentlichten Bericht der Europäischen Kommission gegen Rassismus und Intoleranz (ECRI) des Europarates. Deren Hauptzielgruppen seien Serben, homosexuelle Personen und Roma. Der Bericht stellt zudem ein Erstarken des Nationalismus, insbesondere bei Jugendlichen, fest, der oft in Form von Lobeshymnen auf die militant-nationalistische kroatische Ustascha-Bewegung der Jahre 1929-1945 zum Ausdruck komme.
In den regionalen Medien und im Internet sind rassistische und ausländerfeindliche Ausdrücke gegen Serben, homosexuelle Personen und Flüchtlinge, sowie beleidigende Sprache gegen Roma üblich", heißt es im nun veröffentlichten Dokument.
Auch 20 Jahre nach Ende des Bürgerkrieges antiserbische Stimmungen verbreitet
Die Roma seien in Kroatien nach wie vor in hohem Maße von sozialer Ausgrenzung betroffen. Daten deuteten darauf hin, dass ihr Zugang zur Beschäftigung alarmierend niedrig und die Schulabbrecherquote nach wie vor hoch sei. Auch seien Vorurteile gegen Homosexuelle ebenfalls anhaltend weit verbreitet und die Betroffenen erlebten unterschiedliche Formen der Diskriminierung in ihrem täglichen Leben. Die kroatische Regierung hatte im Juli 2014 als Kompromiss ein Gesetz über eingetragene gleichgeschlechtliche Partnerschaften verabschiedet, nachdem eine Volksabstimmung im Jahr zuvor einen Verfassungszusatz gebilligt hatte, der eine vollständige Gleichstellung mit der Ehe untersagen sollte.
Die Experten des Europarats führten zudem in ihrer Analyse auf, dass einige Politiker mit "hetzerischen Reden" Konflikte zwischen den unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen schürten. Diese richteten sich häufig gegen Roma und Flüchtlinge, vor allem aber gegen Muslime. Auch die serbische Minderheit sei mehr als 20 Jahre nach dem Ende der Jugoslawien-Kriege nach wie vor Zielscheibe von Angriffen, deren Motivation offenbar im Nationalitätenhass wurzelt. So würden serbische Häuser oder Einrichtungen regelmäßig mit Nazi- und Ustascha-Symbolen beschmiert.
Soziale Netzwerke und Sportveranstaltungen verstärken Ressentiments
Die Kommission bedauert in ihrem Bericht auch einen zunehmenden Einfluss des Geschichtsrevisionismus in den sozialen Medien. So würden in sozialen Netzwerken wie Facebook zahlreiche Fotos kursieren, die Kroaten, darunter auch eine Gruppe von Gymnasiasten, in der Uniform der Ustascha-Miliz des faschistischen "Unabhängigen Staates Kroatien" zeigten, das mit dem nationalsozialistischen Deutschland verbündet war. Auch der Ustascha-Gruß "Za dom spremni" (Für die Heimat bereit), der in Kroatien ebenso verboten ist wie der Hitlergruß in Deutschland, sei bei Treffen von Rechtsextremen, aber auch bei bestimmten Musikveranstaltungen ungeachtet der Gesetzeslage häufig zu sehen.
Sportveranstaltungen seien ebenfalls nach wie vor ein Forum für wiederkehrende Fälle verbaler Übergriffe und Provokationen. So habe der internationale Fußballverband FIFA wiederholt Geldbußen gegen den kroatischen Fussballverband verhängt und Fans und Spieler wegen diverser Formen eines "rassistischen" Verhaltens während mehrerer Fußballspiele suspendiert, die zumeist mit Nostalgie für den Ustascha-Staat verbunden waren. So hätten kroatische Fans im Juni 2015 während eines Matches gegen Italien ein Hakenkreuz gezeigt.
Vonseiten führender Persönlichkeiten des Sports soll es auch zu umstrittenen Äußerungen über Homosexuelle gekommen sein. So habe der damalige Exekutivdirektor des beliebten Fußballvereins Dinamo Zagreb und Vizepräsident des Kroatischen Fußballverbandes, Zdravko Mamic, erklärt, dass schwule Menschen nicht in seiner Fußballnationalmannschaft spielen könnten. Der Oberste Gerichtshof empfand diese Äußerung als diskriminierend und ordnete eine öffentliche Entschuldigung an.
Aufruf zum energischen Handeln an Regierung in Zagreb
Den nunmehrigen Bericht hat die Anti-Rassismus-Kommission des Europarates nach ihrem Besuch in Kroatien im April 2017 erstellt. Er berücksichtigt die Entwicklungen bis zum 7. Dezember 2017. Darin wird auch eine unzureichende Reaktion kroatischer Behörden auf "zunehmende Intoleranz" verurteilt, da damit verbundene Ausfälle allzu oft nicht strafrechtlich verfolgt würden. Die meisten Fälle von "Hassreden" und von Hass motivierter Gewalt würden demnach lediglich als Fehlverhalten behandelt. Die Autoren des Berichts forderten die Regierung in Zagreb auf, energischer gegen verbale und physische Übergriffe auf Minderheiten vorzugehen.
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