Die ukrainische Regierung hat am 14. Februar einen Maßnahmenplan zur Verbesserung der Öffentlichkeitsarbeit in Fragen der euroatlantischen Integration der Ukraine für das Jahr 2018 angeordnet. Vor allem soll die stagnierende Akzeptanz der Allianz in der Bevölkerung erhöht werden. Dabei sollen nun neben sicherheitstechnischen auch humanitäre Aspekte in den Vordergrund rücken.
Die Vizeministerpräsidentin Iwana Klimpusch-Zinzadse sagte über die europäische bzw. transatlantische Integration der Ukraine:
Das ist eine sehr wichtige Entscheidung, insbesondere im Kontext des Kampfes gegen die russische Propaganda. Und neben der Widerlegung sowjetischer und russischer Mythen über die NATO haben wir noch viel zu tun, das wahre Wesen der nordatlantischen Allianz zu präsentieren. Die NATO bedeutet nicht nur Militär. Die NATO steht auch für Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit, Bildung und Umwelt.
Der Vizeministerpräsidentin zufolge begründet sich die Unterstützung der NATO in der Bevölkerung auf dem Gefühl emotionalen Beistands gegen die "russische Aggression". Nun soll auch das Verständnis für die Tätigkeit der Allianz die breiten Massen erreichen. Damit soll die Unterstützung für die NATO zu einem bewussten Akt werden.
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Gezielte Maßnahmen in den Regionen, zugeschnitten auf bestimmte Zielgruppen, sollen dem Plan zufolge den Menschen das humane Gesicht der NATO vermitteln – auf Staatskosten. Die Kampagne soll über das Programm "Maßnahmen für euroatlantische Integration im informationellen Raum" des Staatlichen Rundfunkkomitees finanziert werden. Zusätzliche Mittel sollen per Fundraising bei interessierten NGOs, Business-Stiftungen und anderen Gremien in das Programm fließen.
Propaganda für die NATO ist seit dem ersten Unabhängigkeitsjahr der Ukraine ein fester Bestandteil der ukrainischen Medienlandschaft: Die Allianz betreibt in der Ukraine seit Jahrzehnten die Politik der Verflechtung. Spätestens im Frühjahr 2014 wurden mit dem Verbot russischer und russlandfreundlicher Medien alle NATO-Kritiker mundtot gemacht, die einzige offen NATO-kritische Partei – die Kommunistische Partei der Ukraine – ist zerschlagen.
Umfragen: Kein Konsens bei NATO-Frage
Das trägt natürlich Früchte. Viele Meinungsumfragen stellen eine signifikante Zunahme der Akzeptanz der Allianz seit 2014 fest. Während Mitte bis Ende der 2000er-Jahre NATO-skeptische Positionen in der Ukraine (mit Ausnahme der Westukraine) deutlich überwogen, liegen jetzt – je nach Fragestellung und Forschungsinstitut – NATO-Skeptiker und -Befürworter entweder gleichauf, oder die Transatlantiker haben einen leichten Vorsprung.
Andererseits lässt sich aber auch ein Rückgang der Popularität der NATO feststellen. Laut einer im Februar 2017 veröffentlichten großangelegten Studie des renommierten US-amerikanischen Umfrageinstituts "Gallup" büßte die NATO in der Ukraine von 2014 bis 2016 sogar sechs Prozent an Beliebtheit ein. Gallup stellte in 26 Ländern Mittel- und Osteuropas sowie den ehemals sowjetischen Staaten über Jahre hinweg die gleiche Frage – ob die Befragten in der NATO eher Schutz oder Bedrohung sehen. In diesem Zeitraum stieg die Anzahl der NATO-Skeptiker in der Ukraine um 15 Prozent.
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Zu dieser Gruppe dürfte wohl nicht nur der harte Kern der NATO-Gegner gehören - je nach Umfrage zwischen 25 und 30 Prozent der Bevölkerung, der den blutigen Regime-Change auf dem Maidan ablehnen. Auch diejenigen, die beispielsweise einen härteren NATO-Kurs gegen den vermeintlichen Aggressor Russland erwarten, sähen in der NATO ebenso keinen Schutz.
Nichtsdestotrotz ist das Bemühen bezeichnend, ausgerechnet aus der NATO, die in den letzten Jahrzehnten mehrere völkerrechtswidrige Kriege vom Zaun gebrochen und dabei nachweislich auch Uranmunition eingesetzt hat, als Pionier für Umweltschutz und Rechtsstaatlichkeit darzustellen. Das Ziel der Kiewer Machthaber ist wohl, ihren Gönnern im Westen im Falle eines Referendums zum angestrebten NATO-Beitritt um jeden Preis ein Bild frenetischer Unterstützung zu präsentieren.