Von Sergei Poletajew
Uns sind noch nicht alle Details bekannt, aber am Freitag ist beim EU-Gipfel in Brüssel Folgendes passiert: Es kam zu keiner Einigung, und es gelang nicht, Belgien zur Konfiszierung oder, wie es unser Präsident formulierte, zum "Raub" russischer Vermögenswerte zu bewegen. Ich denke, dass dieses Thema auf absehbare Zeit nicht mehr auf der Tagesordnung stehen wird.
Aus den dort geäußerten Worthülsen lässt sich herauslesen, dass sich die Europäer offenbar darauf geeinigt haben, Eurobonds im Namen der Europäischen Kommission zu emittieren. Normalerweise unterzeichnen alle EU-Länder eine solche Vereinbarung, das heißt, die Entscheidung über die Emission muss einstimmig getroffen werden. In diesem Fall konnten jedoch die "Abtrünnigen" – Ungarn, Tschechien und die Slowakei, die sich offensichtlich gegen neue Kredite zur Finanzierung der Ukraine aussprachen – nicht überzeugt werden. Meinem Verständnis nach sollen die Eurobonds nun im Namen von 24 Ländern ausgegeben werden.
Der Grund, warum sie letztendlich wohl genau so vorgehen werden, ist folgender: Noch Ende November, als über die Beschlagnahmung unserer Gelder debattiert wurde, entstand bei einem "Brainstorming" ebenfalls die Idee, Eurobonds auszugeben, allerdings ging es damals um 210 Milliarden Euro. Jetzt wurde dieser Betrag zwar reduziert, aber es gibt eine Tabelle, die im Rahmen dieser Diskussionen erstellt wurde und aus der hervorgeht, wer sich in welcher Höhe daran beteiligen würde.
An erster Stelle steht Deutschland mit 51 Milliarden (24 Prozent), gefolgt von Frankreich mit 34 Milliarden (16,2 Prozent), Italien mit 25 Milliarden (12 Prozent) und so weiter in absteigender Reihenfolge. Ich denke – obwohl dies bisher nur eine Vermutung ist –, dass mit der Reduzierung des Betrags von 210 auf 90 Milliarden das Verhältnis der Anteile in der einen oder anderen Form gleich bleiben würde. Andererseits ist mir nicht bekannt, in welcher Reihenfolge diese Bonds ausgegeben werden sollten. Es ist unklar, ob diesbezüglich ein Parlamentsbeschluss erforderlich ist oder ob dies bereits eine endgültige Entscheidung ist.
Aber in jedem Falle sieht die Situation für Europa nicht besonders rosig aus. Das heißt, die Europäer müssen dieses Geld nun selbst als Kredit aufnehmen und an die Ukraine weitergeben. Dabei bedeuten 90 Milliarden Euro eine Erhöhung der Schulden der Eurozone um 0,5 Prozent des gesamten BIP, was ziemlich viel ist.
Schon allein aus der Höhe des gewährten Kredits lässt sich der Planungshorizont Brüssels in Bezug auf die Ukraine ableiten: eineinhalb bis zwei Jahre. Dabei ist bereits jetzt klar, dass dieses Geld für einen solchen Zeitraum nicht ausreichen wird. Wahrscheinlich hofft man dort, dass Großbritannien etwas beisteuern würde, dass man vielleicht Norwegen zu etwas "überreden" könnte– kurz gesagt, dass man irgendwie das Geld zusammenschnorren kann. Ihnen geht es darum, die Finanzierung Kiews in etwa auf dem Niveau des laufenden Jahres sicherzustellen. Das wären 90 bis 100 Milliarden Euro – und das ohne die Militärausgaben –, damit der ukrainische Staat einfach weiter funktionieren kann. Für militärische Zwecke sollen wohl noch weitere Mittel bereitgestellt werden.
Dabei ist nicht auszuschließen, dass diese Gelder bereits im nächsten Jahr "verprasst" werden könnten, woraufhin die Europäer erneut über das weitere Vorgehen nachdenken müssten und höchstwahrscheinlich wieder auf die Diskussion über den Diebstahl russischer Vermögenswerte zurückkommen würden. Aber allem Anschein nach hoffen viele von ihnen – die unter Druck gesetzt und zur Unterzeichnung der Eurobonds gezwungen wurden –, dass der Konflikt bis dahin bereits beendet ist. Sozusagen: alles oder nichts …
Aber ich möchte noch einen weiteren Punkt hervorheben. Lassen Sie sich von dem Wort "Kredit" nicht täuschen: Die Ukraine wird dieses Geld niemals zurückzahlen. Formal gesehen wird alles, was Kiew erhält, ohnehin auf Kredit gewährt. Wahrscheinlich gibt es sogar irgendwo Aufzeichnungen darüber, wem und wie viel geschuldet wird. Sollte es dort zu einem Regimewechsel kommen, werden diese Schulden möglicherweise auf die neue Regierung umgelegt, aber vorerst wird niemand etwas zurückzahlen.
Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist am 22. Dezember 2025 zuerst auf der Homepage der Zeitung "Rossijskaja Gaseta" erschienen.
Sergei Poletajew ist Informationsanalyst und Publizist sowie Mitbegründer und Herausgeber des Vatfor-Projekts.
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