"Einladungen von TASS oder RT systematisch abgelehnt" – Jacques Baud über seine EU-Sanktionierung

Der Schweizer Oberst a.D. und Militär-Analyst Jacques Baud wird für konträre Einschätzungen seitens der EU mundtot gemacht, dies bis zur mutwilligen Zerstörung der privaten Existenz. Im Interview mit der "Berliner Zeitung" zeigt sich Baud schockiert. Um Propaganda-Vorwürfen vorzubeugen, habe er bewusst entsprechende Anfragen abgelehnt.

Am Montag, dem 15. Dezember 2025, wurden von der EU lebenseinschränkende Sanktionen gegen den pensionierten Schweizer Oberst und ehemaligen NATO-Berater Jacques Baud verhängt. Der Vorgang reiht sich damit ein in die fortdauernde Strategie Brüssels, kritischen Journalismus in der EU massiv durch die exemplarische Zerstörung von entsprechenden Biografien als disziplinierende Waffe zu etablieren. Baud erklärte nun im Interview mit der Berliner Zeitung, dass er persönlich "überhaupt nicht" damit gerechnet hätte. Aus strategischen Gründen, um prorussischen Propagandavorwürfen entgegenzuarbeiten, habe er in seiner Arbeit bewusst "ausschließlich westliche oder ukrainische Quellen" eingesetzt.

Nach Thomas Röper, Alina Lipp und dem in Berlin lebenden Journalisten Hüseyin Doğru hat nun die EU-Zensurbehörde beschlossen, den Schweizer Militär-Analysten Jacques Baud in das erneut willkürliche "20. Sanktionspaket 'restriktive Maßnahmen angesichts der destabilisierenden Aktivitäten Russlands'" mit aufzulisten. Die Berliner Zeitung erklärt zu den massiven damit verbundenen Lebenseinschränkungen für den Betroffenen:

"Die EU sanktioniert einen Schweizer. Seine Bankkonten sind gesperrt, er darf nicht reisen. Um Essen zu kaufen, braucht er eine 'humanitäre Ausnahmeregelung'."

Baud erklärt dazu einleitend im Interview, dass die Mitteilung der Entscheidung "wie ein Blitz aus heiterem Himmel kam." Rein vorbeugend lautete demnach jedoch die persönliche Arbeitsstrategie:

"Ich hatte damit überhaupt nicht gerechnet, zumal ich alles getan habe, um Propaganda zu vermeiden. Ich mache Analysearbeit, bei der ich den Konflikt klinisch untersuche. Um zu verhindern, dass meine Arbeit als Propaganda interpretiert wird, habe ich Einladungen von Medien wie TASS oder RT systematisch abgelehnt." 

Diese Aussage bezog sich dabei anscheinend rein auf Anfragen im laufenden Jahr. Zur Rechtfertigung führt Baud vor dem Hintergrund der unangebrachten EU-Sanktionierung weiter aus:

"In meinen Büchern und Videopräsentationen verwende ich ausschließlich westliche oder ukrainische Quellen. Mein Ziel war es, zu zeigen, dass man auch ohne Rückgriff auf russische Propaganda eine andere Sichtweise auf den Ukraine-Konflikt haben kann. Ich verwende keine von Propagandisten verwendeten Begriffe wie 'Ukronazi' oder 'Banderisten' und habe in Videos und in meinen Büchern sehr deutlich erklärt, warum. Ebenso habe ich ausführlich den Unterschied zwischen den Begriffen 'Nazi', 'Neonazi' und 'Ultranationalisten' erläutert, um eine sachliche und keine propagandistische Darstellung zu liefern."

Die Kritik hinsichtlich der nun erfolgten disziplinierenden Maßnahme lautet daher:

"Ich stelle fest, dass trotz dieser Bemühungen die Fakten, selbst wenn sie sorgfältig erklärt und so sachlich wie möglich beschrieben werden, als russische Propaganda interpretiert werden. Die EU sollte sich mit diesem Phänomen auseinandersetzen, das ihren eigenen Diskurs infrage stellt."

Zu dem fraglichen Vorgehen seitens Brüssels informiert Baud, dass er zudem über seine Sanktionierung rein aus den Medien erfahren habe, da er "bis heute [Donnerstag, 18. Dezember; Anm. d. BLZ-Red.] weder von der EU noch von Belgien, wo ich wohne, oder der Schweiz – das heißt weder von Bern noch von meiner Botschaft – eine offizielle Mitteilung erhalten" habe. 

Erste Konsequenzen lauten nichtsdestotrotz:

"Gemäß dem Wortlaut der Sanktionen darf ich nicht in das Gebiet der EU einreisen. Ein Anwalt hat mir gesagt, dass ich aufgrund meines Wohnsitzes im Gebiet der EU keine Grenze innerhalb der EU überschreiten darf. Das bedeutet, dass ich Belgien nicht verlassen und daher auch nicht in mein Heimatland zurückkehren kann. Ich darf nicht im europäischen Luftraum fliegen, daher kann ich auch nicht mit dem Flugzeug in mein Land zurückfliegen."

Und weiter:

"Obwohl ich keinerlei finanzielle Beziehungen zu Russland hatte und nie einen Cent aus Russland erhalten habe, sind meine Vermögenswerte in der EU eingefroren und ich habe keinen Zugang mehr zu meinen Bankkonten."

NachDenkSeiten-Autor Florian Warweg wollte daher auf der Regierungspressekonferenz vom 17. Dezember in Berlin erfahren, was der Sprecher des Auswärtigen Amtes (AA) zu dem neuesten Fall von Willkürentscheidungen Brüssels zu erklären habe. Laut Bpk-Protokoll antwortete AA-Sprecher Giese wörtlich zu der Frage, ob es der aktuellen Haltung der Bundesregierung entspricht, "renommierte Militäranalysten wie Baud umfassend zu sanktionieren und massiv in deren Grundrechte ein[zu]greifen":

"Ich kann es mir jetzt sehr bequem machen und sagen: Das ist eine Entscheidung, die in Brüssel getroffen worden ist. Ich kann aber noch ein bisschen weitergehen und sagen: Ja, auch wir sind davon überzeugt. Deswegen war es eine einstimmige Entscheidung. All diejenigen, die mit ihrer Sanktionierung nicht einverstanden sind, haben alle möglichen rechtlichen Mittel, dagegen vorzugehen. Die können den Rat anrufen und die können auch den Europäischen Gerichtshof anrufen."

Im aktuellen Fall der EU-Sanktionierung von Jacques Baud verweist der Warweg-Artikel auf den NachDenkSeiten darauf, dass der französische Außenminister Jean-Noël Barrot am 15. Dezember offen auf X erklärt habe, dass die entsprechende Initiative gegen die Person Baud von Paris ausgegangen sei:

"Auf französische Initiative hin verhängt Europa heute Sanktionen gegen Kreml-nahe Propagandaorgane und die Verantwortlichen für ausländische digitale Einmischung. Die Architekten des Chaos werden nicht länger ungestraft davonkommen."

Die Schweizer Weltwoche kommentiert zur Causa Baud, dort als regelmäßiger Autor und Interviewpartner der Publikation:

"Die EU tut, was sie totalitären Systemen vorwirft. Nein, sie übertrifft diese Staaten sogar. Oder belegt Moskau westliche Kriegstreiber in den Medien mit Einreisesperren?"

Baud spricht im Interview für die Berliner Zeitung über eine für ihn aktuell "kafkaeske" Lebenssituation. Mögliche juristische Schritte gegen Brüssel würden ihn "sicherlich eine beträchtliche Summe Geld kosten, die ich nicht habe und die durch keine Entschädigung gedeckt wird."

Eine mögliche Antwort müsse daher im "politischen Bereich" zu einer Lösung führen, da es sich laut Baud "um eine Entscheidung handelt, die vom Rat der Außenminister der EU getroffen wurde." Dies bedeutet damit, dass "Petitionskampagnen, Unterschriftensammlungen und ähnliche Maßnahmen Wirkung zeigen können."

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