Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán hat die Pläne der EU zur unbegrenzten Sperrung russischer Vermögenswerte scharf kritisiert. Er warnte vor einem "irreparablen Schaden" für die Union und bezeichnete das Vorgehen als Verstoß gegen europäisches Recht. Orbán schrieb auf der Plattform X:
"Heute überschreiten die Brüsseler den Rubikon. Um 12 Uhr wird schriftlich abgestimmt – das wird der EU irreparablen Schaden zufügen. Gegenstand der Abstimmung sind die eingefrorenen russischen Vermögenswerte, über die die EU-Mitgliedsstaaten bisher alle sechs Monate abgestimmt und einstimmig entschieden haben. Mit dem heutigen Verfahren heben die Brüsseler mit einem Federstrich die Einstimmigkeitspflicht auf, was eindeutig rechtswidrig ist.
Mit der geplanten Maßnahme soll diese Praxis abgeschafft und stattdessen eine unbegrenzte Blockade eingeführt werden. Nun wollen die EU-Staaten in einem beschleunigten Verfahren ein Gesetz zur unbegrenzten Sperrung russischer Vermögenswerte in Höhe von 210 Milliarden Euro verabschieden, um ein mögliches Veto Orbáns zu umgehen. Das Abstimmungsverfahren findet nur wenige Tage vor einer Sitzung des Europäischen Rates statt. Orbán protestiert gegen die Aufhebung des Prinzips der Einstimmigkeit bei Entscheidungen, da dies nach seiner Ansicht illegal ist.
Er sprach von einer "Brüsseler Diktatur" und der "Herrschaft der Bürokraten". Ungarn werde alles tun, um die Rechtsordnung wiederherzustellen. Der Ministerpräsident kritisierte die Europäische Kommission scharf:
"Mit der heutigen Entscheidung endet die Rechtsstaatlichkeit in der Europäischen Union, und die Führung Europas setzt sich über die Regeln hinweg. Anstatt die Einhaltung der EU-Verträge zu gewährleisten, verletzt die Europäische Kommission systematisch das europäische Recht. Sie tut dies, um den Krieg in der Ukraine fortzuführen – einen Krieg, der offensichtlich nicht zu gewinnen ist."
Seit Beginn der russischen militärischen Sonderoperation wurden in der EU und den G7-Staaten rund die Hälfte der russischen Währungsreserven eingefroren – mehr als 200 Milliarden Euro liegen dabei in der EU, hauptsächlich bei Euroclear. Die EU-Kommission unter Ursula von der Leyen will künftig eigenständig über die Nutzung dieser Vermögenswerte entscheiden.
Vorgesehen ist, einen Teil der eingefrorenen Mittel als sogenannten Reparationskredit an Kiew in Höhe von 185 bis 210 Milliarden Euro zu vergeben. Belgien lehnt diese Verwendung bislang ab. Premierminister Bart De Wever bezeichnete den Vorschlag der Kommission als Diebstahl und schloss eine Klage nicht aus.
Mehr zum Thema – Keine Einstimmigkeit mehr nötig: EU beschlagnahmt russische Vermögen mit "qualifizierter Mehrheit"