Der "Ausschuss für Sicherheit und Verteidigung des Europäischen Parlaments" (SEDE) hat laut Informationen des EU-Parlamentariers Hans Neuhoff die bereits geplante Reise in die Ukraine aufgrund der vorgesehenen Teilnahme des AfD-Politikers komplett abgesagt. Zuvor wurde seitens ukrainischer Behörden mitgeteilt, dass Neuhoff aufgrund seiner "politischen Verbindungen zur Russischen Föderation" als unerwünschte Person angesehen wird ‒ auch im Hinblick auf seine "prorussischen Äußerungen" im Ukraine-Krieg. Die Ausschuss-Vorsitzende Marie-Agnes Strack-Zimmermann erklärte gegenüber der Welt-Redaktion, der AfD-Politiker stelle für sie ein "Sicherheitsrisiko" dar.
Prof. Dr. Hans Neuhoff, AfD-Politiker und Mitglied in der EU-Fraktion "Europa der Souveränen Nationen" (ESN), kommentierte auf X die jüngsten Dynamiken im Straßburger Politikeralltag. So informierte er:
"Weil die ukrainische Regierung mich nicht einreisen lassen will, bezeichnet Strack-Zimmermann mich als 'Sicherheitsrisiko'. Davon abgesehen, dass die Begründungen durch die Bank unwahr sind, ist das einzige und wahre Sicherheitsrisiko: Strack-Zimmermann."
Neuhoff bezieht sich dabei auf einen Artikel der Welt-Zeitung, wonach die ursprünglich achtköpfige EU-Delegation "am vergangenen Montag nach Kiew starten sollte". Die Reise wäre "zuvor aus Sicherheitsgründen geheim gehalten worden". Nach Bekanntwerden der aus den Fraktionen delegierten Teilnehmer hätten jedoch ukrainische Behörden lediglich zu einem Teilnehmer ‒ zum AfD-Politiker Neuhoff ‒ ihre Bedenken geäußert. Das Online-Portal Euractiv berichtet über die Dynamiken:
"Kiew entschied sich, die für diese Woche geplanten Treffen – darunter Besuche an sensiblen Militärstandorten – aufgrund der Anwesenheit von Hans Neuhoff von der AfD abzusagen [...] Neuhoff ist in den vergangenen Jahren mehrfach nach Russland gereist und hat sich durch eine klar prorussische Haltung im Kontext des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine hervorgetan."
Ein ungenannter EU-Abgeordneter kommentiert die Causa mit der Feststellung:
"Es ist beschämend, dass die Sicherheitsbedrohung, die zur Absage der Reise geführt hat, aus dem Parlament selbst kommt. Wir sprechen von einem Abgeordneten, der nicht dorthin gefahren wäre, um mit den Ukrainern ins Gespräch zu kommen, sondern um seinen anti-ukrainischen Kreuzzug fortzusetzen."
Im Welt-Artikel erläuterte die Ausschussvorsitzende Strack-Zimmermann zu den Ereignissen:
"Die Ausschuss-Vorsitzende Strack-Zimmermann sagte WELT, das Programm der Reise sei angepasst worden, nachdem sie 'den Ukrainern die Namen der Teilnehmer durchgegeben' habe. Über sicherheitsrelevante Themen hätte man nicht mehr sprechen können, wenn Neuhoff dabei gewesen wäre. 'Vertreter der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie hätten sich nicht mehr mit uns getroffen', sagte sie. Zudem habe im Raum gestanden, 'dass die Ukrainer Neuhoff nicht einreisen lassen'."
Neuhoff selbst informiert in der Causa im Rahmen eines Briefes an die EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola:
"Am Freitag, dem 28. November, teilte mir der Ausschusssekretär telefonisch mit, dass die ukrainischen Behörden Ihrem Büro ihre Absicht mitgeteilt hätten, mir die Einreise in die Ukraine zu verweigern. Als Begründung wurden angebliche politische Verbindungen zur Russischen Föderation und ein angeblicher nicht genehmigter Besuch in den von Russland besetzten Gebieten des Donbass angeführt. Entscheidend war, dass mir mitgeteilt wurde, dass die Herausgabe von Belegen 'nicht möglich' sei."
Neuhoff knüpfte seinen eingeforderten Rückzug an die Bedingung, dass die Bitte schriftlich von den ukrainischen Behörden formuliert werde oder dass die Einwände gegen seine Teilnahme in einer offiziellen Notiz des Sekretariats festgehalten würden. Strack-Zimmermann verwies dabei als rechtfertigende Bestätigung der Wahrnehmungen Kiews und ihrer Person auf einen Instagram-Beitrag von Neuhoff im Mai dieses Jahres. Dieser lautete unter anderem:
"Schon in meiner ersten Rede im EU-Parlament habe ich klar gemacht: Die Ukraine braucht Frieden! Russland ist nicht Europas Feind, sondern ein defensives Imperium, das seine Sicherheitsinteressen schützt – Interessen, die Deutschland, die EU und die NATO seit Jahrzehnten mutwillig ignorieren."
Neuhoff reiste zudem, ebenfalls scharf kritisiert von Strack-Zimmermann, im November nach Sotschi (RT DE berichtete).
Nach den Forderungen Kiews hätten Parlamentsvertreter dann Neuhoff aufgefordert, auf die Reiseteilnahme zu verzichten. Ein ungenannter Parlamentsmitarbeiter verwies im Euractiv-Artikel "auf die besondere Sensibilität" der Reise:
"Bei solchen Missionen trifft man zivile und militärische Vertreter, die vertrauliche Informationen austauschen."
Strack-Zimmermann gab dazu weiter zu Protokoll:
"Ukrainische Vertreter haben mir gesagt, dass sie Neuhoff für ein Sicherheitsrisiko halten. Auch ich finde das, deswegen bin ich auch nicht gewillt, mit ihm eine gefährliche Reise in die Ukraine anzutreten, bei der wir dann vor Ort keine sinnvollen Gespräche führen können."
Eine Sprecherin des Europäischen Parlaments bestätigte der Welt-Redaktion, das "ursprüngliche Programm und die geplanten Treffen" hätten "nicht sichergestellt" werden können. Das EU-Parlament stehe jedoch weiterhin "in Kontakt" mit den zuständigen ukrainischen Behörden.
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