Die Slowakei ändert die Verfassung, und die EU leitet ein Verfahren wegen Vertragsverletzung ein. "Am 26. September", so die Presseerklärung der Kommission, "hat die Slowakei Ergänzungen an ihrer Verfassung vorgenommen und ihrem Artikel 7 zusätzliche Bestimmungen hinzugefügt, die es slowakischen Behörden, darunter Gerichten, erlauben, zu entscheiden, welches EU-Recht in der Slowakei gilt und in welchem Ausmaß, die Entscheidungen des EU-Gerichtshofs eingeschlossen. Das widerspricht dem Prinzip des Vorrangs des EU-Rechts, das ein fundamentales Element der rechtlichen Ordnung der EU darstellt."
Die Kommission habe die slowakische Regierung vor der Verabschiedung darauf hingewiesen und nun eine förmliche Mitteilung geschickt, auf die die Slowakei binnen zwei Monaten antworten könne.
Die Verfassungsänderung beinhaltet eine ganze Reihe von Punkten. So sollen nur zwei Geschlechter anerkannt werden und überwiegend nur noch verheiratete Paare Kinder adoptieren können. Die Bestimmung, die der EU-Kommission besonders missfällt, ist aber die, dass "kulturell-ethische Fragen" wie Bildung, Familienleben und Sprache künftig einzig in der nationalen Gesetzgebung entschieden werden sollen.
Der Anspruch, EU-Recht müsse über nationalem Recht stehen, ist auch in Deutschland nicht unbegrenzt gültig; die Artikel, die im deutschen Grundgesetz unveränderlich sind, dürfen auch durch EU-Recht nicht eingeschränkt werden. In diesem Zusammenhang gab es bereits mehrere Prozesse vor dem Bundesverfassungsgericht.
Der slowakische Premierminister Robert Fico hatte schon vor dem jetzigen Schreiben der EU-Kommission erklärt: "Wir freuen uns auf diesen Konflikt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass uns irgendeine internationale Organisation befehlen darf, wie viele Geschlechter es gibt, wer heiraten darf und wer nicht heiraten darf. Das ist eine rein innerstaatliche Angelegenheit. Das ist ein sehr starker Bestandteil der nationalen Identität."
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