Die Regierung der Niederlande hat die Kontrolle über den Chiphersteller Nexperia, Tochterfirma des chinesischen Konzerns Wingtech, nach "konstruktiven Treffen" mit Pekinger Behörden zurückgegeben, so der niederländische Wirtschaftsminister Vincent Karremans.
Die Niederlande hatten im Oktober, unter Berufung auf ein Notstandsgesetz aus dem Kalten Krieg, die Firma in den Niederlanden beschlagnahmt und sich dabei auf "ernste Mängel in der Unternehmensführung" und die Sorge berufen, die entscheidenden Fähigkeiten zur Chipherstellung könnten aus der EU verlagert werden. Dieser Schritt löste eine wütende Reaktion Pekings aus, das darauf mit einer Beschränkung der Chipexporte aus China reagierte, die etwa der halben Produktion der Firma entsprechen. Diese Einschränkungen lösten einen Schock in der Automobilindustrie aus, die diese Chips vor allem nutzt, und erzwangen Produktionskürzungen in mehreren europäischen Automobilfabriken.
In einer Erklärung auf X schrieb Karremans am Mittwoch, er hebe die Überwachung von Nexperia als "Zeichen des guten Willens" nach produktiven Gesprächen mit Peking auf und merkte an, die chinesischen Behörden hätten in den vergangenen Wochen Schritte unternommen, um eine stetige Belieferung Europas mit Chips sicherzustellen.
"Im Licht der jüngsten Entwicklungen halte ich es für den richtigen Zeitpunkt, um mit der Aufhebung meiner Anweisung nach dem Warenverfügbarkeitsgesetz bezüglich Nexperia einen konstruktiven Schritt zu unternehmen", erklärte er. Er fügte jedoch hinzu, die Gespräche zwischen Den Haag und Peking würden fortgesetzt.
Die niederländische Übernahme passt zu den Handelsspannungen zwischen der EU und China. Im vergangenen Jahr gab es mehrere Zusammenstöße, weil Brüssel Peking vorwirft, entscheidende Produkte zu Dumpingpreisen zu vertreiben – darunter Elektrofahrzeuge, Batterien und Solarpanele – und wiederholt erklärte, staatsgestützte Überproduktion bedrohe europäische Hersteller. Peking hat im Gegenzug der EU Protektionismus vorgeworfen.
In einigen Bereichen hat die EU im Zusammenhang mit dieser Auseinandersetzung Untersuchungen eingeleitet, insbesondere bezogen auf in China hergestellte Elektrofahrzeuge und Komponenten grüner Technologien wie Windräder und Solarzellen. Diese Untersuchungen sollten dazu dienen, zusätzliche Zölle zu rechtfertigen. Peking hat im Gegenzug gewarnt, derartige Schritte würden die Lieferketten "ernsthaft stören". China weitete im Gegenzug seine Exportkontrollen bei Seltenen Erden, Permanentmagneten und anderen kritischen Materialien aus, ein Schritt, der auf Europas bedrängter Automobil- und Elektronikindustrie schwer lasten könnte.
Ein zusätzliches Motiv für die Niederlande, Nexperia zu nationalisieren, waren allerdings die Drohungen, die US-Präsident Donald Trump gegen China ausgestoßen hatte. Dieser Eingriff erfolgte kurz vor dem Treffen Trumps mit dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping, nach dem die US-Maßnahmen zu einem guten Teil wieder rückgängig gemacht wurden. Plötzlich sahen sich die Niederlande in der Lage, die Produktion der Automobilindustrie der Nachbarländer zu gefährden.
Es gibt gerichtliche Dokumente, die belegen, dass die niederländische Regierung die Kontrolle über Nexperia nach heftigem Druck durch die USA übernahm, das seine europäischen Verbündeten dazu drängte, den Zugang Pekings zu fortgeschrittener Halbleitertechnologie zu blockieren. Die bisherigen Schritte in diese Richtung, die vor allem den Verkauf von Maschinen von ASML betrafen, hatten allerdings den gegenteiligen Effekt: China entwickelte binnen kurzer Frist eigene Maschinen und ist nun nicht nur dauerhaft als Markt für ASML verloren, sondern wird zukünftig auch noch zum Konkurrenten auf diesem Sektor.
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