Riccardo Chailly: "La Scala hat niemals ihre Türen für große russische Musik geschlossen"

In der italienischen Scala hatte man von Beginn des Ukraine-Konflikts an nicht vor, russische Kultur zu verbannen und Künstler aus Russland zu verfolgen. Der legendäre Dirigent Riccardo Chailly betont, dass es sich dabei um eine Haltung aus Überzeugung handle.

Das Mailänder Opernhaus La Scala betont mit seinem Repertoire erneut, dass es nicht vorhabe, sich dem Mainstream der westlichen Agenda anzuschließen und kulturelle Russophobie zu kultivieren. Ganz im Gegenteil. Wie schon im Jahr 2022, als trotz der Proteste proukrainischer Aktivisten die Oper "Boris Godunow" mit russischen Stars auf die Bühne kam, nimmt das Theater russische Klassiker gerne in sein Programm auf. Der künstlerische Leiter des Theaters, der legendäre Dirigent Riccardo Chailly, verteidigt in einem Gespräch mit der Zeitung Rossijskaja Gaseta seine Entscheidung – obwohl die Aufnahme russischer Musik in das Programm des größten Theaters Europas politisch nicht die sicherste Entscheidung sei, werde er dies tun, solange er an der Spitze der Scala stehe. Chailly betont:

"Das ist mein Weg. La Scala hat niemals ihre Türen für die große russische Musik verschlossen. Derzeit haben wir schwierige Beziehungen zu Russland, aber hier in der Scala konzentrieren wir uns auf künstlerische Werte. Wir sprechen hier nicht über Geopolitik, Krieg oder Diplomatie. Wir präsentieren ein Kunstwerk."

Und das aktuelle Repertoire des Theaters beweist dies. Am 7. Dezember dieses Jahres wird unter dem Dach des legendären Opernhauses Dmitri Schostakowitschs "Lady Macbeth von Mzensk" zu hören sein, die seit 1992 nicht mehr auf dieser Bühne aufgeführt wurde. Inszeniert wird das Werk von dem russischen Regisseur Wassili Barchatow, für den es die erste Arbeit an der Scala ist. Am Dirigentenpult steht Maestro Riccardo Chailly selbst, der in dieser Spielzeit sein zehnjähriges Engagement als künstlerischer Leiter des Theaters beendet.

In der Saison 2025/2026 gibt es überhaupt viel russische Klassik – Ballette von Tschaikowski und Strawinski zum Beispiel. Außerdem hat die Scala Anna Netrebko nicht die Tür vor der Nase zugeschlagen, wie es andere europäische Theater getan haben. Eine Situation wie beim jüngsten Skandal in Verona, wo der russische Opernsänger Ildar Abdrasakow aus politischen Gründen aus der Inszenierung genommen wurde, wäre in Mailand unmöglich. Zumindest unter der derzeitigen Leitung.

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