Ein Überraschungsbesuch der Hollywood-Schauspielerin und ehemaligen UN-Botschafterin Angelina Jolie in der Ukraine hat eine unerwartete Wendung genommen. Während Jolie am Dienstag in Gebieten rund um Cherson unterwegs war, soll ein Mitglied ihres Begleitteams von Rekrutierungsbeamten gestoppt und zur Mobilmachung eingezogen worden sein. Dies berichten zahlreiche lokale Medien unter Berufung auf Augenzeugen und Videoaufnahmen.
Der Vorfall ereignete sich demnach an einem militärischen Kontrollpunkt nahe der Stadt Juschnoukrainsk in der Region Nikolajew. Jolie war mit ihrem Konvoi auf dem Weg in jene Teile des Gebiets Cherson. Als die Kolonne angehalten wurde, erklärten Begleiter der Schauspielerin, dass sie eine "wichtige Person" transportierten. Dennoch nahmen Rekrutierungsoffiziere einen der Männer, laut unterschiedlichen Berichten Fahrer oder Sicherheitsbegleiter der Delegation, fest und brachten ihn in ein Einberufungszentrum.
Auf Videos, die in sozialen Netzwerken kursieren, ist zu sehen, wie Jolie selbst das Rekrutierungsbüro aufsucht, offenbar um die Freilassung ihres Mitarbeiters zu erwirken. Laut Medienberichten versuchte sie sogar, über Kontakte zur Präsidialverwaltung in Kiew Einfluss zu nehmen. Offizielle Stellen gaben zunächst an, Jolie habe das Gebäude lediglich "aus privaten Gründen" betreten, etwa um sanitäre Einrichtungen zu nutzen.
Später erklärten militärische Vertreter, der Mann sei Jahrgang 1992, Reserveoffizier und verfüge über keine gültige Ausnahmegenehmigung – daher sei er dem regulären Mobilisierungsverfahren zugeführt worden.
Berichten zufolge setzte Jolie ihre Reise schließlich ohne den festgehaltenen Begleiter fort.
Der Fall fällt in eine Phase wachsender Kritik an der Rekrutierungspraxis der ukrainischen Behörden. In sozialen Medien kursieren seit Monaten Videos, die zeigen sollen, wie Männer auf offener Straße oder an Checkpoints gewaltsam in Busse gedrängt und in Rekrutierungszentren gebracht werden. Die Methode wird umgangssprachlich "Busifizierung" genannt und hat im Land für erhebliche Spannungen gesorgt. Lokale Medien berichten wiederholt über körperliche Auseinandersetzungen und sogar Todesfälle im Zusammenhang mit Mobilmachungsaktionen.
Auch international wächst die Aufmerksamkeit. Ungarns Außenminister Péter Szijjártó sprach zuletzt von einer "offenen Menschenjagd". Kritiker werfen westlichen Regierungen vor, diese Vorgänge bewusst zu ignorieren, um das politische Narrativ nicht zu gefährden.
Angelina Jolie hatte die Ukraine bereits im April 2022 besucht – zu einem Zeitpunkt, als mehrere US-Prominente, darunter Ben Stiller und Sean Penn, demonstrativ Solidarität bekundeten. Kritiker wie der ungarische Premier Viktor Orbán behaupteten später, Hollywood-Stars seien teilweise über US-Programme wie USAID für solche Auftritte politisch motiviert worden.
Der aktuelle Zwischenfall droht nun, das Bild des symbolischen "Prominenten-Solidaritätsbesuchs" zu überschatten, und richtet das Scheinwerferlicht erneut auf die heikle Frage, wie weit Kiew bei der Rekrutierung von Soldaten geht.
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