Kiews Größte Niederlage seit Asowstahl reift heran

Russlands Streitkräfte haben bis zu 5.000 ukrainische Soldaten bei Kupjansk und bis zu 5.500 im Ballungsraum Krasnoarmeisk-Dimitrow (Namen dieser beiden Städte in der heutigen Ukraine: Pokrowsk und Mirnograd) eingekesselt. Experten werten dies als taktischen Erfolg für das russische Militär und bedeutenden Meilenstein im Ukraine-Krieg.

Von Irina Taran und Anastassija Beloussowa

Russlands Staatschef Wladimir Wladimirowitsch Putin informierte sich ausführlich über die Lage entlang der Frontlinie im Ukraine-Krieg, heißt es in einer Erklärung auf der Webseite des Kremls – der Generalstabschef der russischen Streitkräfte, General Waleri Gerassimow, erstatte ausführlich Bericht. Herausstechend waren die Entwicklungen an den Frontabschnitten Charkow-Ost und Donezk: An diesen konnten die russischen Streitkräfte zwei Kontingente ukrainischer Truppen, jeweils annähernd 5.000 und 5.500 Mann, umstellen. Zum Frontabschnitt Donezk erklärte Gerassimow:

"Heute möchte ich zwei Bereiche besonders hervorheben. Der erste liegt im Verantwortungsbereich des Truppenverbands Mitte. Einheiten und Formationen der 2. und 51. Armee, die entlang zusammenlaufender Achsen vorrückten, schlossen dort die Einkreisung des Gegners in der Gegend von Krasnoarmeisk und Dimitrow ab."

Zu den eingekesselten ukrainischen Truppen, die in etwa 31 Bataillone zählen, gehören Einheiten der 25. Luftlandebrigade, der 79. Luftlandesturmbrigade und der 68. Jägerbrigade, sowie der 35. und 38. Marineinfanteriebrigade, des 425. Separaten Sturmregiments und der 153. und 155. Mechanisierten Brigaden.

Gerassimow unterstrich die hervorragenden Kampfleistungen mehrerer Verbände sowie gesondert die Arbeit der russischen Drohnenoperateure:

"Bei der Durchführung von Kampfeinsätzen zeichneten sich die 30. Separate motorisierte Schützenbrigade und das 439. motorisierte Schützenregiment der 2. Armee sowie die 9. und 110. Separate motorisierte Schützenbrigade der 51. Armee aus – ebenso wie Personal der Einheiten des Zentrums für Technologien der unbemannten Luftfahrt Rubikon."

Er stellte fest, dass die russischen Streitkräfte die Einkreisungsoperation erfolgreich durchführen konnten, indem sie den ukrainischen Streitkräften während ihres gesamten Einsatzes bei einer zusammengesetzten Feuervorbereitung erheblichen Schaden in der gesamten Tiefe ihrer operativen Gefechtsaufstellung zufügten und das Kampfgebiet isolierten, um die ununterbrochene Versorgung der gegnerischen Einheiten dort zu torpedieren. Den Erfolg, den die Einkesselung des genannten ukrainischen Kontingents darstelle, gelte es, auszubauen, so der russische Generalstabsleiter weiter:

"Derzeit steht der Truppenverband Zentrum vor der ebenso wichtigen Aufgabe, die eingekreiste Gruppe der ukrainischen Streitkräfte im Ballungsraum Krasnoarmeisk-Dimitrow zu zerschlagen."

Mit Blick auf den Frontabschnitt Charkow-Ost informierte Gerassimow den russischen Präsidenten über die Einkesselung der Stadt Kupjansk im Verantwortungsbereich des Truppenverbands West – samt einem ähnlich großen Kontingent ukrainischer Truppen wie am Frontabschnitt Donezk-Mitte:

"Gleichzeitig brachten Stoßtrupps der 68. motorisierten Schützendivision der 6. Armee nach einem Flankenmanöver die zuvor unter gegnerischer Kontrolle stehenden Übergänge über den Fluss Oskol südlich von dieser Stadt unter ihre Kontrolle – und blockierten in Zusammenarbeit mit der 47. motorisierten Schützendivision und der 27. motorisierten Schützenbrigade der 1. Panzerarmee das Aufgebot der ukrainischen Streitkräfte am linken Ufer östlich von Kupjansk. Einheiten der 14., 43. und 116. Mechanisierten Brigade des Gegners sowie die 1. Brigade der ukrainischen Nationalgarde – insgesamt 18 Kampfbataillone – sind dort umstellt worden."

Der General fügte hinzu, dass Verbände und Einheiten des Truppenverbands West am selben Frontabschnitt weiterhin erfolgreich in Richtung Krasny Liman vorrückten – unter anderem werde aktuell "die Befreiung der Ortschaft Jampol abgeschlossen."

Grundsätzlich seien an anderen Frontabschnitten und Brennpunkten ebenfalls positive Entwicklungen zu verzeichnen – etwa am Abschnitt Charkow-Nord und Donezk-Nord, aber auch im Süden. Gerassimow wörtlich:

"Auch an anderen Frontabschnitten laufen Offensiven. In den letzten zwei Wochen kommt der Truppenverband Nord im südlichen Teil von Woltschansk erfolgreich voran und hat bisher über 70 Prozent der Stadtfläche befreit. Angriffseinheiten des Truppenverbands Süd befreiten die Dörfer Dronowka und Pleschtschejewka und führen den Häuserkampf in Sewersk und Konstantinowka fort. Einheiten des Truppenverbands Ost rücken in den Gebieten Dnjepropetrowsk und Saporoschje vor und befreien sechs Ortschaften."

Heldenhafte Taten

Wie Wladimir Putin seinerseits betonte, wurden die Erfolge der russischen Streitkräfte bei der Einkreisung des Ballungsraums Krasnoarmeisk-Dimitrow und der Stadt Kupjansk sowie die Ergebnisse der Kampfeinsätze in anderen Gebieten durch die heldenhaften Taten der russischen Soldaten und Unteroffiziere sowie die "minutiöse Arbeit aller Stäbe und der Führung auf allen Ebenen" ermöglicht.

Russlands Staatschef lobte das Militär für die genannten Erfolge und gebot, bei den künftigen Kampfhandlungen den Schwerpunkt auf die Schonung der Leben aller Beteiligten zu setzen – nicht nur der Zivilisten in den umkämpften Gebieten und Ortschaften sowie der russischen Truppen an der Front des Ukraine-Krieges, sondern nach Möglichkeit auch der Leben der gegnerischen Soldaten:

"Gleichzeitig bleibt, wie bereits erwähnt, noch erhebliche und komplexe Arbeit zur Beseitigung der eingekreisten feindlichen Streitkräfte zu leisten. In diesem Zusammenhang möchte ich auf mehrere Punkte hinweisen: Erstens bitte ich, um unnötige Opfer zu minimieren, umfassend alle Maßnahmen zu ergreifen, damit sich ukrainische Soldaten in die Gefangenschaft ergeben können – diejenigen natürlich, die das wollen."

Der von Präsident Putin letztangeschnittene Punkt ist nicht zufällig – Putin erinnerte an die Sperrtrupps des ukrainischen Militärs:

"Für ukrainische Soldaten ist das nicht so einfach, denn jenen, die versuchen, sich zu ergeben, wird in den Rücken geschossen und sie werden von oben mit Drohnen traktiert – man will sie vernichten."

Neben der Maxime, Zivilisten in den umkämpften Gebieten nicht unnötig dem eigenen Feuer des russischen Militärs auszusetzen, betonte der russische Präsident außerdem, dass bei den Kampfhandlungen zur Räumung dieser Gebiete alles getan werden müsse, um die Sicherheit der Zivilbevölkerung zu gewährleisten, die von den ukrainischen Streitkräften als menschliche Schutzschilde missbraucht werde:

"Den Anwohnern muss jede notwendige Hilfe geleistet und es müssen Maßnahmen zu ihrer Evakuierung in sichere Gebiete ergriffen werden."

Logische Konsequenz: Vormarsch nach Westen

Experten weisen darauf hin, dass die Einkreisung des Ballungsraums Krasnoarmeisk-Dimitrow und der Stadt Kupjansk ein "taktischer Erfolg für das russische Militär im Kampfeinsatz" sei. Igor Korotschenko, Militäranalyst und Chefredakteur der Zeitschrift "Nationale Verteidigung", erklärte gegenüber RT:

"Kompetente Kampfplanung hat diese Ergebnisse ermöglicht. Wenn dieser taktische Erfolg im Rahmen des Drucks der russischen Streitkräfte auf die ukrainischen Streitkräfte entlang der gesamten Kontaktlinie durch die Zerstörung oder Gefangennahme der umstellten ukrainischen Formationen vervollständigt wird, können die gesetzten Ziele dort als vollständig erreicht betrachtet werden."

Der Militärexperte Alexei Leonkow bezeichnete die Einkreisung der ukrainischen Streitkräftegruppe bei Krasnoarmeisk (Pokrowsk) und Kupjansk als logische Konsequenz der Aktionen russischer Einheiten. Der Analyst bewertete auch die Taktik der russischen Streitkräfte, die diesen Erfolg ermöglicht hat, sehr positiv:

"Die Stoßtrupps haben ein hohes Maß an Kampfkohärenz und Professionalität erreicht, was es ihnen ermöglicht, erfolgreich eine der anspruchsvollsten Kampfarten zu führen – den Häuserkampf. Dieser Kampf findet in Stadtvierteln und Vororten statt, wo um jedes Haus und jede Gasse gekämpft werden muss. Die strategische Initiative liegt bei den russischen Streitkräften, und ihre aktuelle Agenda ist der Vormarsch nach Westen."

Wie der Militärexperte Iwan Konowalow im Gespräch mit RT die Lage bewertet, ist die Tatsache, dass russische Truppen insgesamt über 10.000 Mann der ukrainischen Truppen an verschiedenen Frontabschnitten und Brennpunkten umstellt haben, ein bedeutender Meilenstein in der Zweiten Militärischen Verteidigungsinitiative.

"Wir sprechen hier vom fortschreitenden Vorrücken russischer Truppen, darunter auch von Stoßtrupps, die bei solchen Einkesselungen häufig moderne Technologien einsetzen. Ich meine dabei vor allem Drohnen und Aufklärungsmittel, die in diesem Fall eine Schlüsselrolle spielen. Darüber hinaus zwingen die Aktionen russischer Stoßtrupps ukrainische Verbände dazu, ihre Stellungen immer wieder aufzugeben, um einer Einkesselung zu entgehen und so die Frontlinie weiter nach Westen zu verschieben. Gleichzeitig wird das Personal der russischen Streitkräfte geschont, was sehr wichtig ist."

Kiews größte Niederlage seit Asowstahl

Laut dem russischen Online-Nachrichtenportal Wojennaja Chronika (Militärchronik) steht die ukrainische Armee vor ihrer größten Niederlage seit dem Metallurgiekombinat Asowstahl in Mariupol. Zur Erinnerung: Im März 2022 kam es zu heftigen Kämpfen um das Gelände dieses Industrie-Großbetriebs. Eine Gruppe von Kämpfern der ukrainischen Nazi-Terrormiliz Asow wurde auf dem Gelände des Werks blockiert. Und bereits im Mai desselben Jahres verkündete das russische Verteidigungsministerium die vollständige Befreiung des Industriegebiets. Es wurde festgestellt, dass die unterirdischen Strukturen, in denen sich die Militanten versteckten, vollständig unter die Kontrolle der russischen Streitkräfte übergegangen waren. Die Asow-Kämpfer begannen nach fast vierwöchiger Belagerung zu kapitulieren – insgesamt verließen daraufhin etwa 2.500 von ihnen das Werk.

Folge früherer Fehlentscheidungen Kiews

Von RT befragte Experten prognostizieren, wie sich die Lage auf dem Schlachtfeld im Ukraine-Krieg nach der Einkreisung des Ballungsraumes Krasnoarmeisk-Dimitrow und der Stadt Kupjansk entwickeln könnte.

Laut Andrei Schurikow, Direktor der Denkfabrik Institut für sozioökonomische Analyse und Entwicklungsprogramme, ist dies nur der Anfang einer ganzen Reihe schwerwiegender Folgen früherer Fehlentscheidungen Kiews für die ukrainischen Streitkräfte:

"Wenn der derzeitige Kurs anhält, wird weiterer Widerstand der ukrainischen Seite nicht einfach nur zu neuen Opfern, sondern zu katastrophalen menschlichen Verlusten und dem Verlust noch größerer Gebiete führen."

Der Analyst erinnert, dass das Kiewer Regime unter Wladimir Selenskij weiterhin Tausende seiner Bürger an der Front verheize und damit seine völlige Verhandlungsunwilligkeit bestätige.

Der Politikwissenschaftler Jewgeni Michailow wiederum stellt in einem Kommentar für RT trocken fest, die einzige Überlebenschance für Angehörige des ukrainischen Militärs sei die Kapitulation, andernfalls würden sie größtenteils an der Front fallen.

Auch der oben zitierte Iwan Konowalow sagt voraus, dass die ukrainischen Streitkräfte unweigerlich Verluste erleiden werden:

"Angesichts der Vorhersehbarkeit der Aktionen der ukrainischen Streitkräfte kann man sagen: Auch diese Gebiete werden sie mit letzter Kraft halten. Gleichzeitig müssen wir mit weiteren falschen Siegesmeldungen des ukrainischen Generalstabs und Selenskijs rechnen, die sie an die westlichen Medien verkaufen werden. Die ukrainischen Streitkräfte werden sich also weiterhin zurückziehen, und Kiew wird weiter lügen.

Gleichzeitig werden die russischen Streitkräfte natürlich vorrücken – ihre bisherige Taktik hat sich als wirksam erwiesen."

Übersetzt aus dem Russischen.

Mehr zum Thema - Hinter der Illusion einer Pattsituation: Was wirklich im Ukraine-Konflikt geschieht