S&P Global hat die Kreditwürdigkeit Frankreichs herabgestuft. Die Bonitätsnote sinkt von AA- auf A+. Als Hauptgrund nennt die US-Ratingagentur die steigende Staatsverschuldung sowie die politische Unsicherheit, die die Handlungsfähigkeit der Regierung zunehmend einschränke.
Nach Einschätzung von S&P wird die französische Schuldenquote bis zum Jahr 2028 auf 121 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) anwachsen – nach 112 Prozent Ende 2024. Damit rückt Frankreich in die Nähe jener Schuldenstände, die in der Eurokrise einst Griechenland zu Fall brachten. Der Abbau des Defizits werde langsamer voranschreiten als geplant, da es an zusätzlichen Sparmaßnahmen fehle.
Für das Jahr 2025 erwartet S&P ein Defizit von 5,4 Prozent des BIP. Das Ziel, den Fehlbetrag bis 2029 unter die EU-Grenze von drei Prozent zu senken, hält die Agentur für "fraglich".
Besonders kritisch bewertet S&P die politische Lage in Paris. Frankreich erlebe derzeit "die schwerste politische Instabilität seit der Gründung der Fünften Republik". Präsident Emmanuel Macron regiere ohne stabile Mehrheit, Premierminister Sébastien Lecornu sehe sich wachsender Opposition gegenüber. Erst vergangene Woche überstand Lecornu zwei Misstrauensabstimmungen – allerdings um den Preis, die umstrittene Rentenreform auszusetzen.
Diese Reform, mit der das Rentenalter von 62 auf 64 Jahre steigen sollte, gilt als zentrales Element von Macrons Haushaltsstrategie. Ihre Aussetzung wird von S&P als Zeichen politischer Schwäche gewertet.
Finanzminister Roland Lescure nahm die Herabstufung "zur Kenntnis" und bekräftigte das Ziel, die Neuverschuldung bis 2029 schrittweise unter drei Prozent des BIP zu senken. Doch an den Märkten wächst die Skepsis: Die Renditen französischer Staatsanleihen sind bereits deutlich gestiegen, was die Finanzierungskosten des Staates weiter erhöht.
Eine gefährliche Abwärtsspirale droht: Steigende Zinsen vergrößern das Defizit und schwächen das Vertrauen der Investoren. Für die Eurozone wäre ein solcher Vertrauensverlust heikel, da Frankreich als zweitgrößte Volkswirtschaft der Währungsunion von zentraler Bedeutung ist.
In Brüssel und Frankfurt wird die Entwicklung mit Sorge verfolgt. Zwar verweist S&P darauf, dass Frankreichs Anleihen eine relativ lange Laufzeit von durchschnittlich 8,5 Jahren haben, was den kurzfristigen Druck mindert. Doch ein nachhaltiger Vertrauensverlust könnte die Eurozone erneut in eine Schuldenkrise stürzen – dieses Mal mit Frankreich im Zentrum.
Die Europäische Zentralbank dürfte in einem solchen Fall erneut als Käufer französischer Anleihen auftreten, um Turbulenzen am Markt zu dämpfen. Dennoch gilt: Der Handlungsspielraum der EZB ist nach Jahren expansiver Geldpolitik begrenzt.
S&P erwartet für 2025 lediglich ein Wirtschaftswachstum von 0,7 Prozent, gefolgt von einer verhaltenen Erholung im Jahr 2026. Die anhaltende politische Unsicherheit belaste Investitionen und Konsum gleichermaßen.
Frankreich befindet sich damit in einem gefährlichen Zwischenstadium: zu verschuldet, um Vertrauen zu genießen – und zu politisch zersplittert, um Reformen durchzusetzen.
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