Frankreich: Premier Lecornu setzt Rentenreform aus

Die französische Regierung wird die umstrittene Rentenreform bis Januar 2028 einfrieren, erklärte Premierminister Sébastien Lecornu in der Nationalversammlung. Damit könnte man das Vertrauen wiederherstellen, um neue Lösungen zu finden.

Sébastien Lecornu hat am Dienstagabend zum ersten Mal als französischer Premierminister vor der Nationalversammlung gesprochen. In seiner Rede, die nur 30 Minuten dauerte, legte er das Programm seines Kabinetts dar. Hauptsächlich erörterte Lecornu die Rentenreform von Präsident Emmanuel Macron zur Anhebung des Renteneintrittsalters auf 64 Jahre. Die Regierung werde dem Parlament vorschlagen, das umstrittene Projekt bis zur nächsten Präsidentschaftswahl, das heißt bis Januar 2028, auf Eis zu legen.

Der Premier warnte aber, dass das Einfrieren der Reform ausgeglichen werden sollte, auch durch Einsparmaßnahmen, um das bereits hohe staatliche Defizit des Landes nicht noch weiter zu erhöhen. Die Kosten der Aussetzung würden sich auf 400 Millionen Euro im Jahr 2026 und 1,8 Milliarden Euro im Jahr 2027 belaufen. Nach Ansicht von Lecornu habe die Reform zu Spannungen und Verdruss geführt. Mit der Aussetzung könnte das notwendige Vertrauen geschaffen werden, um neue Lösungen zu entwickeln.

Außerdem versprach der Premier, die Macht mit dem Parlament zu teilen und den Artikel 49.3 der französischen Verfassung nicht anzuwenden. Dieser Artikel erlaubt es der Regierung, Gesetze ohne Abstimmung der Abgeordneten zu verabschieden. Er war unter anderem zur Billigung der Rentenreform im Jahr 2023 aktiviert worden.

Es bestehe die Notwendigkeit von Haushaltskürzungen, führte Lecornu weiter aus. Er räumte zudem "Anomalien bei der Besteuerung der Reichsten" ein. In diesem Zusammenhang stellte er "gezielte und außergewöhnliche" Steuererhöhungen für sehr große Unternehmen in Aussicht. Den Haushaltsentwurf will Lecornu persönlich mit den Parlamentariern besprechen, anstatt diese Aufgabe an den Wirtschafts- und den Finanzminister zu delegieren.

Einen Teil seiner Rede widmete der Premier der Lage im Überseegebiet Neukaledonien, wo die lokale Unabhängigkeitsbewegung ein Abkommen mit Frankreich über die teilweise Unabhängigkeit abgelehnt hatte, was im Jahr 2024 zu gewaltsamen Unruhen führte. Im kommenden Frühling sollen nun Konsultationen mit der Bevölkerung des Archipels durchgeführt werden.

Lecornu hatte in der vergangenen Woche seinen Rücktritt eingereicht, wurde von Präsident Macron jedoch erneut zum Regierungschef ernannt. Die Opposition im Parlament beantragte inzwischen ein weiteres Misstrauensvotum.

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