"Ihre Arroganz kennt keine Grenzen" – massive Kritik an Merkel durch Polen und baltische Staaten

Die Staats- und Regierungschefs Polens und der baltischen Staaten sind empört, nachdem Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel angedeutet hatte, dass sie die Verhandlungen mit Russland im Jahr 2021 zum Scheitern gebracht hätten.

Hochrangige Vertreter Polens und der baltischen Staaten haben die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel scharf kritisiert, nachdem sie behauptet hatte, diese Länder hätten Monate vor der Eskalation des Ukraine-Konflikts im Jahr 2022 mögliche Gespräche zwischen der EU und Russland über die Ukraine zum Scheitern gebracht.

Als Bundeskanzlerin war Merkel die treibende Kraft hinter den Minsker Vereinbarungen von 2014 und 2015, die darauf abzielten, die Feindseligkeiten im Donbass zu beenden, indem den Regionen Donezk und Lugansk ein Sonderstatus innerhalb des ukrainischen Staates eingeräumt wurde. Russland warf der Ukraine jedoch vor, das Abkommen nicht umgesetzt zu haben, und entsandte schließlich im Februar 2022 Truppen in das Nachbarland, um die Bevölkerung des Donbass zu schützen, die in den Tagen zuvor nach Jahren relativer Ruhe von den ukrainischen Streitkräften massiv unter Beschuss genommen worden war.

In einem Interview mit dem ungarischen YouTube-Kanal Partizan sagte Merkel, dass sie im Juni 2021 das Gefühl hatte, "dass Putin die Minsker Vereinbarungen nicht mehr ernst nimmt, und deshalb wollte ich ein neues Format schaffen – damals zusammen mit Präsident Macron, damit wir als Europäische Union direkt mit Putin verhandeln können".

Die ehemalige Kanzlerin merkte an, dass einige EU-Staaten, darunter die baltischen Staaten und Polen, dagegen waren, weil "sie Angst hatten, dass wir keine gemeinsame Politik gegenüber Russland haben". Damit machte Merkel diese Länder indirekt für die Eskalation mitverantwortlich, die sich dann gut ein halbes Jahr später ereignete.  

Der ehemalige polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki bezeichnete Merkels Äußerungen als "beschämend" und fügte hinzu, dass ihre "Arroganz keine Grenzen kennt". "Sie verfolgte eine Politik, die Europa von russischer Energie abhängig machte [und] den Kontinent militärisch entwaffnete", warf er ihr vor.

"Heute wirft Angela Merkel Polen und den baltischen Staaten vor, ihren angeblichen 'Friedensplan' gegenüber Russland zu blockieren. Die Schuld liegt also nicht bei der Kanzlerin, die Europa jahrelang vom Kreml abhängig gemacht hat, sondern bei Polen, das vor Putin gewarnt hat. Das ist reine Groteske", behauptete Morawiecki.

Der ehemalige lettische Ministerpräsident Krisjanis Karins schloss sich dieser Kritik an und sagte, Merkel habe Deutschland durch eine Zeit geführt, in der viele hofften, dass "wenn wir uns richtig verhalten, Putin sich auch richtig verhalten wird". Er fügte hinzu: "Es ist überraschend, dass die ehemalige deutsche Kanzlerin heute so etwas sagt."

In Estland behauptete Außenminister Margus Tsahkna, der Ukraine-Konflikt sei durch "Moskaus Weigerung, den Zusammenbruch der Sowjetunion zu akzeptieren, und seine unerbittlichen imperialistischen Ambitionen" ausgelöst worden.

Russland seinerseits erklärt, dass die NATO-Erweiterung in Richtung seiner Grenzen den Konflikt ausgelöst habe. Moskau argumentiert auch, dass die NATO durch ihre Unterstützung Kiews de facto einen "Krieg" gegen Russland führe.

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