Der Putschversuch in Georgien ist gescheitert, erklärte der georgische Ministerpräsident Irakli Kobachidse am Sonntag gegenüber Journalisten. In seinem Kommentar zu den Unruhen in Tiflis am Tag der Kommunalwahlen am 4. Oktober, die die regierende Partei "Georgischer Traum" mit überwältigender Mehrheit gewonnen hatte, sprach der Ministerpräsident von einem "gescheiterten Versuch, die Regierung zu stürzen".
Seinen Worten zufolge werde die georgische Regierung künftig "gegenüber einer Million einhunderttausend Wählern, die für sie gestimmt haben", die Verantwortung tragen. Sie würde das Land endgültig von den ausländischen Agenten und extremistischen Gruppen befreien, die auf Anweisung ausländischer Geheimdienste und mit deren finanziellen Mitteln handeln.
Irakli Kobachidse erklärte, dies sei bereits der fünfte Versuch in den vergangenen vier Jahren gewesen, in Georgien einen "Maidan" zu organisieren und die Regierung zu stürzen. "Der Staat hat angemessen reagiert", betonte er.
Gleichzeitig erklärte der Premierminister, dass Georgien "bereit sei, die Versuche externer Einmischung zu vergessen und der Europäischen Union und den USA die Hand zur Freundschaft zu reichen". Er erklärte:
"Das betrifft die Europäische Union und das betrifft die USA. Unser Wunsch ist es, die Beziehungen neu zu gestalten. Wir hoffen auf entsprechende Schritte von ihrer Seite. Das gilt insbesondere für die EU, von der zunehmend Aggression gegenüber dem georgischen Volk aufgrund seiner Unterstützung für den 'Georgischen Traum' ausgeht."
Am Vortag kündigte das Organisationskomitee für den "friedlichen Sturz der Regierung" Massenproteste gegen die Regierung an. Die Opposition, die sich um die einstige Regierungspartei "Vereinte Nationale Bewegung" (UNM) von Ex-Präsident Micheil Saakaschwili gesammelt hat, wirft dem "Georgischen Traum" einen Wechsel zum russlandfreundlichen Kurs vor. Sie hat zum Boykott der Kommunalwahlen aufgerufen.
Im Vorfeld hatten Politiker aus dem UNM-Umfeld jedem Polizisten 200.000 US-Dollar versprochen, der sich den Einsatzbefehlen der Regierung verweigern würde. Am Samstag fand auf dem Freiheitsplatz in Tiflis eine Kundgebung der Opposition statt. Einer der Organisatoren, der ehemalige Generalstaatsanwalt Georgiens Murtaz Zodela, rief von der Bühne aus dazu auf, "die Schlüssel zum Präsidentenpalast zu erobern", woraufhin sich ein Teil der Demonstranten zur nahe gelegenen Residenz begab. Die Demonstranten rissen die Absperrung nieder, wurden jedoch von Spezialeinheiten mit Wasserwerfern und Tränengas zurückgedrängt – RT DE berichtete.
Infolge der Ausschreitungen wurden laut Polizeiangaben 30 Beamte verletzt. Die fünf Organisatoren wurden noch am Abend festgenommen, unter anderem wegen Aufrufs zum gewaltsamen Umsturz.
Die Ex-Präsidentin Salome Surabischwili schrieb auf der Plattform X, dass es sich bei dem Palaststurm um eine inszenierte Farce des Regimes handele, um den friedlichen Protest zu diskreditieren. Wie die Reaktionen auf das Posting zeigten, ist diese Sichtweise auch in der Opposition umstritten. Vielmehr sei es ein fataler Fehler der Opposition gewesen, die dadurch der Regierung selbst den Vorwand für ihre weitere Unterdrückung geliefert habe. Surabischwili, die auch die französische Staatsbürgerschaft besitzt, gilt als radikal prowestlich. Nach ihrer Absetzung als Präsidentin hat sie das Land verlassen und lebt in den USA.
Nach dem gescheiterten Umsturzversuch droht Teilen der Oppositionsparteien in der Tat ein Verbot. Noch vor den Kommunalwahlen hat Premier Kobachidse angekündigt, das Oberste Gericht könne die Oppositionsparteien für nicht verfassungsgemäß erklären und verbieten. Nun erklärte er, dass die Opposition nicht länger in der georgischen Politik aktiv sein dürfe, da sie aus einem "Netzwerk ausländischer Agenten" bestehe.
Noch vor den Unruhen wurden Strafverfahren gegen Dutzende Politiker, Journalisten und Aktivisten eingeleitet, viele von ihnen sitzen in Haft. Indessen können weitere dazukommen. Der Präsident des Landes, Michail Kawelaschwili, kündigte eine "strenge Antwort" der Regierung gegenüber den Unruhestiftern an.
"Diese Kräfte [die Teilnehmer des Sturms] haben gestern mit Unterstützung der Geheimdienste anderer Staaten die Bürger Georgiens zum Sturz der Regierung aufgerufen. Das wird niemand ungestraft davonkommen. Darauf wird eine strenge Antwort folgen",
sagte er auf einer Pressekonferenz.
In Oktober und November 2024 kam es in der Hauptstadt Tiflis zu Ausschreitungen. Die teils heftigen Straßenkämpfe zwischen Demonstranten und der Polizei dauerten mehrere Wochen an. Die überwiegend jungen Protestler versuchten damit, den Wahlerfolg der Partei "Georgischer Traum" bei den Parlamentswahlen am 26. Oktober anzufechten. Mehrere Politiker aus Berlin, Brüssel und anderen Hauptstädten in der EU reisten nach Georgien und nahmen an prowestlichen Kundgebungen teil, woraufhin ihnen von der Regierung Einmischung in die inneren Angelegenheiten Georgiens vorgeworfen wurde.
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