Die Idee einer sogenannten Drohnenwand hatte erstmals Litauens Innenministerin Agne Bilotaite im Mai 2024 vorgeschlagen. Die Initiative wurde von Deutschland, Polen, Finnland sowie von den baltischen Staaten unterstützt.
Angesichts der zunehmenden Zahl von Verletzungen des NATO-Luftraums durch nicht identifizierte Drohnen wird dieser Vorschlag in den vergangenen zwei Wochen wieder diskutiert. Vertreter mehrerer europäischer Länder gehen davon aus, dass diese Drohnen von Russland aus gestartet werden.
Die Notwendigkeit einer Finanzierung dieses Projekts wurde am 10. September von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zum Ausdruck gebracht. "Ohne Zweifel: Die Ostflanke Europas schützt ganz Europa. Von der Ostsee bis zum Schwarzen Meer. Wir müssen dem Ruf unserer baltischen Freunde folgen und diese Drohnenmauer errichten. Das ist kein abstraktes Ziel. Es ist die Grundlage einer glaubwürdigen Verteidigung", sagte von der Leyen in ihrer Rede zur Lage der EU vor dem EU-Parlament in Straßburg ein paar Stunden nach dem vermeintlichen Drohnenvorfall in Polen.
Andrius Kubilius, der EU-Kommissar für Verteidigung und Raumfahrt, hat am selben Tag ebenfalls dazu aufgerufen, im Osten der EU eine sogenannte Drohnenwand zu errichten, um die Länder vor Luftraumverletzungen zu schützen. Damit reagierte der Politiker im sozialen Netzwerk X auf Vorfälle mit abgeschossenen Drohnen an der polnischen Grenze. "Wir müssen dringend das Projekt 'Drohnenwand' an der Ostflanke umsetzen. Russland muss gestoppt werden", schrieb Kubilius. Er erklärte auch, dass Russland angeblich "die Grenzstaaten, die EU und die NATO testet".
In einem Interview vom Mittwoch gegenüber Euractiv räumte Kubilius ein, dass die EU über keine notwendigen technischen Möglichkeiten zur Erkennung von Drohnen verfüge. "Wahrscheinlich verfügen wir über gute Möglichkeiten zur Erkennung von Kampfflugzeugen und Raketen, aber Drohnen haben ihre Spezifikationen: Sie fliegen sehr niedrig und sind sehr klein." Deswegen bestehe der erste Schritt darin, schnellstmöglich Erkennungssysteme zu beschaffen, so Kubilius weiter. Ihm zufolge werde die Umsetzung des Projektes etwa ein Jahr in Anspruch nehmen.
In einem Artikel wies die Zeitung EUObserver darauf hin, dass die Einbeziehung der "russlandfreundlichen" Länder Slowakei und Ungarn in das Projekt von entscheidender Bedeutung sei. Sollten diese beiden EU-Staaten ihre Teilnahme verweigern, entstehe in diesem Fall eine große Lücke in der europäischen Drohnenwand, denn ihre Grenze zur Ukraine erstrecke sich auf mehr als 200 Kilometer.
NATO-Generalsekretär Mark Rutte hat seine Rhetorik in Bezug auf einen möglichen Abschuss russischer Kampfjets gemäßigt. In einem Interview mit dem Sender CNN erklärte Rutte, man sollte die Luftraumverletzer nur bei Bedarf abschießen, wenn diese eine direkte Bedrohung für Zivilisten oder das Militär darstellten. Falls keine Bedrohung bestehe, sollten die Verletzer begleitet werden, bis sie den NATO-Luftraum verlassen. Außerdem könne die NATO Drohnen nicht weiter mit teuren Raketen bekämpfen. "Es ist nicht nachhaltig, wenn man Drohnen, die tausend oder zweitausend Dollar kosten, mit Raketen abschießt, die vielleicht eine halbe Million oder eine Million Dollar kosten", sagte Rutte am Donnerstag in einem Interview mit Bloomberg TV. "Wir alle entwickeln diese Technologien schnell weiter und lernen von den Ukrainern."
Nach Angaben von Politico könnte von der Leyen den endgültigen Finanzierungsplan für die sogenannte Drohnenwand bei einem informellen Treffen der EU-Staats- und Regierungschefs am 1. Oktober in Kopenhagen vorlegen.
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