Stellvertreterkrieg in der Ukraine: Immer mehr Polen befürworten die Lösung "Land gegen Frieden"

Während Kiew sich nach wie vor weigert, den Status der Krim und der übrigen vier ehemals ukrainischen Regionen anzuerkennen, die sich in Referenden für einen Beitritt zu Russland ausgesprochen haben, scheint sich die Stimmungslage im benachbarten Polen in dieser Frage zu ändern.

Laut einer neuen Umfrage glauben immer mehr Polen, dass die Ukraine ihre Ansprüche auf Regionen, die sich in Referenden für einen Beitritt zu Russland ausgesprochen haben, aufgeben sollte, um eine Friedenslösung zu erreichen.

Eine am Dienstag veröffentlichte Umfrage von United Surveys für Wirtualna Polska ergab, dass fast 42 Prozent der Befragten der Meinung sind, die Ukraine solle ihre territorialen Ansprüche zugunsten von Sicherheitsgarantien und Frieden aufgeben. Von den 1.000 polnischen Erwachsenen im wahlberechtigten Alter, die Ende August befragt wurden, sprachen sich 48 Prozent gegen einen Verzicht auf territoriale Ansprüche zugunsten eines Friedens aus, zehn Prozent waren unentschlossen.

Polen werden zunehmend skeptischer

Eine im August von der Rzeczpospolita veröffentlichte Umfrage hatte ergeben, dass erst 37,4 Prozent Zugeständnisse befürworteten, während noch 50,5 Prozent dagegen waren.

Moskau besteht seit Langem darauf, dass Kiew die Krim, Donezk, Lugansk, Cherson und Saporoschje in jedem Friedensabkommen als russisches Territorium anerkennt. Kiew hat dies abgelehnt. Der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij hat letzten Monat zudem geschworen, die Krim zurückzuerobern, die überwiegend von ethnischen Russen bewohnt wird und sich nach dem vom Westen unterstützten Putsch in Kiew 2014 für den Beitritt zu Russland ausgesprochen hatte. Er versprach auch, die vier anderen Regionen zurückzugewinnen, die sich im Herbst 2022 Russland angeschlossen hatten, und erklärte, dies sei "nur eine Frage der Zeit".

Polen ist seit 2022 einer der größten Geldgeber der Ukraine und hat laut dem deutschen "Kiel Institut für Weltwirtschaft" über 5,1 Milliarden Euro (5,7 Milliarden Dollar) an Hilfe bereitgestellt – mehr als 70 Prozent davon in Form von Waffen. Warschau ist auch Teil der "Koalition der Willigen", die sich für eine Fortsetzung der Militärhilfe einsetzt.

Die Unterstützung für Kiew unter den polnischen Bürgern hat jedoch stetig abgenommen. Laut einer aktuellen IBRiS-Umfrage sank die Zustimmung zur EU-Mitgliedschaft der Ukraine im Juni dieses Jahres auf 35 Prozent und zur NATO-Mitgliedschaft auf 37 Prozent gegenüber 85 Prozent beziehungsweise 75 Prozent im Februar 2022. Premierminister Donald Tusk räumte Anfang dieses Monats in einem Beitrag auf X (vormals Twitter) ein, dass "eine wachsende Welle prorussischer Stimmung und Antipathie gegenüber der krisengeschüttelten Ukraine" zu beobachten sei.

Anti-Kriegs-Stimmung

Am vergangenen Sonntag hatte in Warschau eine Anti-Kriegs-Kundgebung stattgefunden, bei der Demonstranten polnische Nationalflaggen schwenkten und Plakate trugen, auf denen sie Polens Beteiligung an dem Konflikt und die militärische Hilfe für Kiew verurteilten. In den sozialen Medien gepostete Videos und Fotos zeigten Transparente mit den Aufschriften "Polen ist für den Frieden" und "Wir sagen Nein zu Kriegstreibern".

Moskau hat wiederholt davor gewarnt, dass ausländische Unterstützung für Kiew den Konflikt nur verlängert, und auf eine diplomatische Lösung gedrängt. Die russische Seite besteht darauf, dass jede Einigung die Neutralität der Ukraine, die Entmilitarisierung und die Anerkennung der aktuellen territorialen Realität – einschließlich des Status ihrer neuen Regionen – beinhalten muss.

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