Am Mittwoch wurde Polen von NATO-Verbündeten beim Abschuss von angeblich russischen Drohnen im polnischen Luftraum unterstützt. Dies sei das erste Mal, dass ein NATO-Mitglied während "Russlands Krieg in der Ukraine" Schüsse abgegeben habe, hieß es in einem Reuters-Bericht am Donnerstag. Russland erklärte, es habe nicht die Absicht gehabt, Ziele in Polen zu treffen, und werde sich nicht weiter zu dem Vorfall äußern. In diesem Zusammenhang habe ein hochrangiger NATO-Kommandeur mitgeteilt, es sei noch nicht bekannt, ob der Drohnenangriff absichtlich erfolgt sei.
Der Vorfall veranlasste einige westliche Staats- und Regierungschefs, neue Sanktionen gegen Moskau zu fordern. Außerdem stellten sie das russische Engagement für die Friedensbemühungen in der Ukraine infrage. Am Donnerstag kommentierte der polnische Präsident Karol Nawrocki vor Soldaten:
"Diese russische Provokation war, wie die Generäle und unsere Soldaten sehr wohl wissen, nichts anderes als ein Versuch, unsere Fähigkeiten, unsere Reaktionsfähigkeit (in Polen) zu testen. Es war ein Versuch und eine Provokation, damit wir reagieren, um den Mechanismus der NATO und unsere Reaktionsbereitschaft zu testen."
Das polnische Außenministerium kündigte ein Treffen des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen an, welcher auf Antrag Warschaus zusammentreten werde. Ein Termin wurde nicht genannt. Zunächst habe sich die UNO nicht dazu geäußert. Doch Slowenien, Dänemark, Griechenland, Frankreich und Großbritannien hätten den Sicherheitsrat mittlerweile gebeten, am Freitag zusammenzukommen. Reuters zufolge hätten dies Diplomaten am Mittwoch mitgeteilt. Noch am Mittwoch erklärte der polnische Ministerpräsident Donald Tusk, es bestehe "die größte Gefahr eines offenen Konflikts seit dem Zweiten Weltkrieg". Dann fügte er jedoch hinzu, er habe "keinen Grund zu der Annahme, dass wir kurz vor einem Krieg stehen."
Tusk bezeichnete den Vorfall als "groß angelegte Provokation" und sagte, er habe Artikel 4 des NATO-Vertrags aktiviert. Demnach könnten NATO-Bündnismitglieder Konsultationen mit ihren Verbündeten verlangen. Der polnische Präsident Karol Nawrocki habe am Mittwoch auch mit US-Präsident Donald Trump gesprochen. Laut Reuters hätten die beiden Präsidenten Trump und Nawrocki "ihre Einigkeit" bekundet.
Die europäischen Staats- und Regierungschefs versuchten, Trump davon zu überzeugen, sich ihnen bei der Verschärfung der Sanktionen gegen Russland und der Verstärkung der Unterstützung für Kiew anzuschließen. Sie erklärten, der Vorfall rechtfertige eine gemeinsame Reaktion.
Die polnischen Luftverkehrsbehörden teilten am Mittwoch mit, ab Mittwoch 22 Uhr bis zum 9. Dezember werde Polen entlang der Grenzen zur Ukraine und zu Weißrussland Flugverkehrsbeschränkungen verhängen. Im Rahmen dieser Beschränkungen darf die allgemeine Luftfahrt – hauptsächlich kleine und Freizeitflugzeuge sowie Hubschrauber – tagsüber fliegen, sofern sie über Funk und Transponder verfügt, nachts jedoch nicht.
Flüge seien nur bis zu einer Höhe von etwa 3 km über dem Boden erlaubt, hieß es. Zivile unbemannte Flugzeuge wie Drohnen seien verboten. Nur Militärflüge und identifizierbare zivile Flugzeuge, die einem Flugplan folgen, sind demnach erlaubt. Im Anschluss an seinen Besuch auf einer Militärbasis wollte Nawrocki auch den polnischen Nationalen Sicherheitsrat einberufen. Dieser berät ihn in Fragen der nationalen Sicherheitsbedrohung. Vor Piloten auf einem Luftwaffenstützpunkt gab Tusk seinerseits bekannt:
"Wir werden alles tun, um sicherzustellen, dass die Bündnisverpflichtungen, die aus unserer Sicht heute so wichtig sind, von unseren Verbündeten erfüllt werden. Damit wir als Land und Sie als polnische Piloten niemals allein sind, weder in Friedens- noch in Kriegszeiten."
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